Schlagwortarchiv für: Team

Corona Talk

Corona bewegt uns, den einen mehr, die andere weniger, niemanden gar nicht. Corona macht uns unsicher, kostet oft mehr Kraft als wir haben, saugt uns die Farbe aus dem Leben und die Liebe aus den Herzen, Corona erstickt unsere Kreativität und zerfetzt Beziehungen. Es soll nicht pathetisch klingen, aber Corona stellt neben unserem Intellekt und unserer Frustrationstoleranz vor allem, und ohne Gnade, unsere Liebesfähigkeit auf den Prüfstand. Und das sowohl privat als auch beruflich.

Das klingt im professionellen Kontext erst einmal befremdlich, doch mit Liebesfähigkeit ist hier nicht mehr und nicht weniger, als eine kompromisslos wohlwollende Haltung gemeint. Nur wenn es uns gelingt, eine Grundhaltung einzunehmen, die dieses Ideal zur Basis hat, kann es uns gelingen Gräben zu vermeiden oder gar, bereits entstandene, zuzuschütten.

Angst essen Seele auf

Corona macht Angst, versetzt Menschen in Panik. Nun kann man geteilter Meinung sein, wieviel von dieser Angst von den Medien „gemacht“ wird, wie valide die Daten sind, die die Regierung zu Maßnahmen veranlasst, die die einen für alternativlos halten, während andere die Verhältnismäßigkeit in Frage stellen. Fakt ist, es gibt einmal mehr, kaum gesichertes Wissen und das verunsichert Menschen zutiefst. Wir können evolutionsbedingt, ganz schlecht mit Unwägbarkeiten umgehen. Jeder ist – meist mehr unbewusst, als bewusst – ständig dabei, die Dinge um sich herum einzuordnen, um sich einigermaßen sicher fühlen zu können. Die Strategien der Datensammlung und Bewertung sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Das ist im „normalen Leben“ schon schwierig genug, in Krisenzeiten aber extrem kompliziert und belastend.

Um nun auch im Krisenmodus sein Leben leben zu können, legt man sich, bewusst oder unbewusst, eine Strategie zurecht, die einem die Möglichkeit gibt, die bestehende Unsicherheit auszuhalten. Man bastelt sich eine persönliche Alltagstheorie, die die Dinge logisch einordnet und ein Gefühl gibt zu wissen, wie der Hase läuft, was richtig und was falsch ist. Wenn nun jemand gegen diese mühsam errungene, labile Sicherheit argumentiert, wird das als Bedrohung wahrgenommen, als Angriff. Je wackeliger das eigene Theoriegebäude ist, desto geringer ist die Standfestigkeit, die Frustrationstoleranz tendiert gegen Null.

Damit die eigene „Sicherheit“ nicht in Gefahr gerät, wird jede Äußerung eines anderen mit dem eigenen Meinungsseismographen gescanned und wenn die Äußerung des Gegenübers nicht der eigenen Sicht der Dinge entspricht, dann wird dieser „Angriff“ sofort abzuwehren versucht und dies gelingt im Eifer des Gefechts nicht unbedingt „gewaltfrei“. Ein friedliches, konstruktiv-lösungsorientiertes Reden darüber fällt in aller Regel schwer.

Bleibt die Frage: Wie geht man damit im Arbeitsleben um, wie kann ein Team diese Herausforderung meistern? Welche Strategien sind denkbar?

Kultur isst Strategie zum Frühstück

Für den Umgang mit der Krise, sollte ein Team eine Strategie haben um der, in weiten Teilen der Gesellschaft zu beobachtenden, Sprachlosigkeit und Verunsicherung entgegenzuwirken. Wichtig ist dabei, dass die Strategie von der Teamkultur getragen wird. Wenn die gelebte Teamkultur emotionale Nähe, Wertschätzung und Wohlwollen nicht zulässt, Meinungsvielfalt und Spannungen nicht aushält, wird eine Bewältigungsstrategie, die darauf setzt, scheitern. Die Teamstrategie muss daher für das Team – und idealerweise im Team – erfunden werden.

Die erste und vermutlich häufig gewählte Variante ist es, nach dem Motto zu verfahren: „Öffne nicht ein Fass, das du nicht öffnen musst!“. Solange das Team damit gut zurande kommt und sich keine Spannungen und Risse, Spitzen und Konflikte zeigen, die das Miteinander belasten oder gefährden, kann das so funktional sein. Die Strategie wurde dann durch Tun vorgeschlagen und nach der Regel: „Duldung wird als Zustimmung interpretiert!“ vereinbart. In aller Regel wurde dieses Verhalten nicht beschlossen, sondern ergibt sich aus der Verunsicherung „von selbst“.

Im Folgenden zwei mögliche Alternativen:

Strategie 1 „Non Talk“: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Ist Verunsicherung spürbar oder wird diese gar thematisiert, sollte das Thema aktiv angegangen werden.

Wenn die Teammitglieder versuchen, zu erspüren, wie die anderen coronamäßig „ticken“, um Verhaltenssicherheit zu gewinnen und zu wissen, wer sich vielleicht einen Austausch wünscht und wem es gar nicht recht wäre darauf angesprochen zu werden und das Klima von Unsicherheit im Umgang miteinander geprägt ist, dann sollte dies unbedingt angesprochen werden.

Um die Teammitglieder zu entlasten und den Teamspirit zu fördern, wäre es sinnvoll, diese Situation dadurch aufzulösen, dass sie im Team angesprochen wird. Ziel könnte sein, offiziell zu beschließen, Corona im Privaten zu lassen, so dass jede/r die Sicherheit hat, dass keine Stellungnahme erwartet wird und es für alle ok ist, dass man das Thema ausklammert.

Einzig die Anforderungen, die seitens Management und /oder ordnungspolitischer Entscheidungen auf das Team „durchschlagen“ sollten geklärt werden: „Wer klärt mit wem, was konkret von uns verlangt wird und wie die entsprechenden Anforderungen erfüllt werden können und erfüllt werden sollen und wie kommen diese Informationen ins Team?“

Lässt die Teamkultur Austausch zu oder fordert ihn sogar, könnte man einen moderierten „Corona-Talk“ einrichten, der Gelegenheit gibt, sich (regelmäßig) zur Thematik auszutauschen.

Strategie 2 „Corona Talk“: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.

Soll im Team explizit über Corona, die individuelle Sicht auf die Dinge, das Miteinander im Team, über Erschwernisse, Ängste und Hoffnungen und über den Umgang damit, gesprochen werden, sollten Moderatoren / Facilitator, Regeln vereinbaren und im Dialog auf deren Einhaltung achten.

Wichtig ist dabei die Unterscheidung, zwischen der Beurteilung der Situation mit den aktuellen ordnungspolitischen Maßnahmen, die auf die Arbeitssituation des Teams mehr oder weniger stark einwirken und der persönlichen Situation, in der sich der Einzelne (ganz unabhängig von der individuellen Beurteilung) befindet. Fragen, wie die Einschätzung der Gefährlichkeit der Situation, die Bewertung der Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen, Maske, Impfung usw. sind die eine Seite der Medaille, die andere Seite ist die, wie es mir persönlich mit der Situation geht.

Ein Moderationsansatz der sich für diesen „Corona-Talk“ gut eignet ist Dynamic Facilitation. Der Kern der Methode besteht darin, dass der Facilitator, die Moderatorin, vor versammelter Mannschaft, Einzelgespräche mit den Teilnehmenden führt. Er /sie „zwingt“ dadurch die Gruppe dazu, dass jeder jedem solange zuhört, bis diese/r alles gesagt hat, was er /sie zum Thema zu sagen hat. Der Facilitator „interviewt“ dazu jeden Teilnehmer zur eingangs definierten Fragestellung. In diesem Fall müssen die Antworten nicht sichtbar gehalten werden.

Ziel ist es in diesem Falle nicht, Einigkeit darüber zu erzielen, wie dieses oder jenes zu sehen ist, Gleichklang herzustellen oder Maßnahmen zu formulieren. Sinn und Zweck ist Austausch um Unsicherheit zu minimieren, verstärktes Verständnis für einander zu schaffen um letztlich psychische und soziale Entlastung zu erreichen, den Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit zu stärken.

Der Boden aus dem ein fruchtbarer Dialog erwachsen kann, ist die eingangs erwähnte „Liebesfähigkeit“, die Haltung, die Bereitschaft also, zu absichtlich kompromisslosem Wohlwollen. Vielleicht ist ein „Corona Talk“ dann die beste Chance zur Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung: Kulturentwicklung by Corona!?

Ihr /Euer /Dein
Josef W. Seifert


© 2021 MODERATIO

Es darf gedacht werden!

Pandemie, Skandale, Sorgen, die Welt steht am Abgrund? Man könnte auch sagen: Die Welt steht vor großen Herausforderungen. Wir müssen unser Verhalten auf den Prüfstand stellen, viele Bereiche neu denken. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Art der Führung von Organisationen, die Art der Führung von Menschen. Wir brauchen eine Transformation hin zu mehr Mitwirkung und Mitverantwortung aller. Die Basis dafür ist die glaubwürdige Vermittlung der Botschaft: Sich einzumischen ist erwünscht – es darf (mit)gedacht werden!

Auch, wenn es für die eine oder andere Führungskraft ungewohnt und vielleicht auch unbequem sein mag, wir müssen die Mit-Arbeitenden zu  Mit-Unternehmern machen. Wir müssen mehr Selbstverantwortung wagen, mehr Selbstorganisation zulassen. Neben einem speziellen Mindset, sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei den Führungskräften, bedarf es dafür eines speziellen Instrumentariums, das ein Mitdenken und Mitentscheiden ermöglicht. Für das, was in klein(st)en Organisationen gut möglich ist nämlich, dass alle bei allem mitdenken und mitreden sowie mit entscheiden, muss in mittleren und großen Organisationen ein spezielles Instrumentarium geschaffen werden. Hierfür werden unter dem Label „New Work“, viele Ideen und Ansätze diskutiert.

Ein zentrales Instrument hierfür ist die Delegation. Eine zweite Möglichkeit Führung zu modifizieren beziehungsweise zu ergänzen, sind moderierte Runden, in denen Mitarbeitende zu Mitwirkenden werden, aktuelle Themen diskutieren und Lösungsideen für anstehende Aufgaben entwickeln.

By the way: In diesem Text wird immer wieder nur die männliche Schreibweise verwendet. Dies ist der besseren Lesbarkeit geschuldet. Es sind alle anderen Formen gleichermaßen mitgemeint.

New Work Communities

Definiert man „New Work“ als Bestreben, den Menschen im Arbeitsleben in den Mittelpunkt zu stellen, bedeutet dies, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben müssen sich, mit ihren Sorgen und Nöten, ihren Gedanken und Ideen, ihrer Kreativität und ihren Potentialen, einzubringen. Eine gute Möglichkeit dafür Raum zu schaffen und Raum zu geben, sind moderierte Gruppen. Diese „New Work Communities“ sollten in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das folgenden Elementen und Rahmenbedingungen gerecht wird:

Elemente

  • Die Gruppe / Das Team: Eine New Work Community besteht aus bis zu 10 Personen. Diese treffen sich, während der Arbeitszeit, regelmäßig für bis zu 2 Stunden in einem Meeting- oder Kreativraum. Hier bearbeiten sie arbeitsplatzbezogene Problemstellungen, mit denen sie im Arbeitsalltag konfroniert sind. Die Arbeit der Gruppe wird von zwei Moderatoren geleitet.
  • Moderatorenrunden: Einmal im Monat treffen sich die Moderatoren aus den Communities im Gruppenraum zu einer Moderatorenrunde. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht und Probleme aus der Gruppenarbeitspraxis bearbeitet. Diese Runde wird von den Koordinatoren geleitet.
  • Koordinatoren: Die Gruppenaktivitäten werden von zwei Koordinatoren unterstützt. Diese moderieren die Moderatorenrunden, helfen den Moderatoren bei Schwierigkeiten weiter, organisieren die Trainingsmaßnahmen für Moderatoren und Koordinatoren, die Workshops und die Präsentationen vor den Führungskräften. Sie bereiten gegebenenfalls Situationsberater auf ihre Aufgabe vor und betreiben „Öffentlichkeitsarbeit“.
  • Präsentationen: Zur Einbindung der Führungskräfte in die Gruppenaktivitäten und zur Schaffung eines Mindestmaßes an Transparenz präsentiert die Gruppe Ausschnitte ihrer Arbeit vor den direkten und den übergeordneten Vorgesetzten. Ob, wann und was die Gruppe präsentiert, legt sie eigenverantwortlich fest. Sie kann sich hierzu von den Koordinatoren unterstützen lassen. Eine Gruppe wird in aller Regel zumindest dann präsentieren, wenn sie ein Thema abgeschlossen hat und Ergebnisse vorliegen.
  • Situationsberater: Wenn die Gruppe zu einer Problemlösung Spezialwissen benötig, über das keines der Gruppenmitglieder verfügt, kann die sich die Person als Situationsberater einladen, die die erforderlichen Kenntnisse hat und der Gruppe „Hilfe zu Selbsthilfe“ geben kann.
  • Training: Die Koordinatoren und Moderatoren werden in einem viertägigen Training auf ihre Aufgabe, eine Community zusammenzustellen und zu moderieren, intensiv vorbereitet. Sie lernen dort die Arbeitstechniken für die Gruppenarbeit kennen und machen erste Erfahrungen im Umgang mit Gruppen. Das Entscheidende ist das Erlernen der Moderationsmethoden, mit der die Gruppenaktivitäten geleitet werden.

Rahmenbedingungen

  • Freiwilligkeit: Die Gruppe kann nur durch aktiv-konstruktive Mitarbeit erfolgreich sein. Nur von einem Gruppenmitglied, das sich freiwillig für die Mehrbelastung durch die Gruppenarbeit entschieden hat, kann dies erwartet werden. Selbstorganisation kann hier nicht verordnet werden.
  • Langfristcharakter: New Work Communities sind eine „Dauereinrichtung“. Sie stellen einen Baustein des Personal- und Organisationsentwicklungsprozesses im Unternehmen dar. Die Gruppe löst sich nach Abschluss einer Problembearbeitung nicht auf, sondern wendet sich einer neuen Aufgabe zu.
  • Unabhängigkeit: Die Teams können und sollten von der sonstigen Organisationsstruktur, fach- und bereichsübergreifend zusammengestellt werden.
  • Prinzip der Eigenverantwortlichkeit: Die Gruppe hat keinerlei Vorgaben, womit sie sich zu beschäftigen hat. Die Problemstellung, die die Gruppe bearbeiten will, wählt sie eigenverantwortlich aus den Problemen aus, die den Gruppenmitgliedern bekannt sind und von denen sie glauben, sie einer Lösung zuführen zu können.
  • Kein Erfolgszwang: Von der Gruppe wird erwartet, dass sie arbeitet. Es werden aber (von außen) keine Ergebnisse im Sinne vorzeigbarer Problemlösungen erwartet. Die Gruppe ist dadurch für ihre Motivation selbst verantwortlich.
  • Moderatorenteam: Die Gruppe wird von zwei Moderatoren „geleitet“. Die Moderatoren sind verantwortlich für die Prozesssteuerung, übernehmen aber keine inhaltlichen Aufgaben. Sie sind nicht Vorgesetzte, sondern Helfer der Gruppe. Eine Gruppe wird grundsätzlich von zwei Moderatoren betreut. Dadurch kann die methodische Arbeit leichter bewältigt werden, und die Gruppenprozesse sind zu zweit besser zu steuern.
  • Moderationsmethode: Die Gruppe arbeitet im Kern mit der „MODERATIOnsMETHODE“. Diese gibt der Gruppe eine Struktur für ihre Arbeit vor und stellt Methoden zur Problembearbeitung bereit.
  • Regelmäßigkeit: Die Gruppenarbeit findet zusätzlich zur normalen Arbeit – während der Regelarbeitszeit – statt. Die zeitlichen Möglichkeiten sind deshalb sehr begrenzt. Um eine kontinuierliche Problembearbeitung zu ermöglichen, sollten sich die Gruppenmitglieder mindestens zweiwöchentlich treffen.
  • Erfahrungsaustausch: Einmal pro Jahr findet ein Moderatoren-Workshop statt, in dem es darum geht, die gemachten Erfahrungen intensiv zu besprechen und aufzuarbeiten. 

Fazit 

New Work Communities können in idealer Weise die Delegation an Einzelne und Teams ergänzen, da sie fach- und ressortübergreifend organisiert sind und beliebige Themenstellungen aufgreifen können. Sie fordern und fördern Selbstorganisation. Führung und Selbstführung können so, wie Yin und Yang, ineinander greifen. Sie sind mehr als ein Appell, sie sind regelrecht die Manifestation der Abkehr von einem traditionellen Führungsverständnis und der so wichtigen Botschaft: Bei uns darf gedacht werden!


PS:

Wir beraten Sie gern zur Einführung Ihrer „New Work Communities“, sprechen Sie uns an, unter Telefon: +49 8446 – 9 2030 // Zuständig für diesen Bereich sind Josef W. Seifert und Dr. Gerlinde Bühner.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist moderatio-logo.jpg