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Wie halten Sie es mit der Haltung?

In Anlehnung an Paul Watzlawick und dessen Axiom: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“, könnte man postulieren: „Man kann nicht keine Haltung einnehmen!“ Soweit, so einleuchtend. Nur, wozu ist das wichtig?

Ohne Haltung geht es nicht

Wenn wir BusinessModeration und systemische Organisationsberatung, als „Prozessgestaltung mittels Kommunikation“ definieren, und nichts anderes ist es, dann bedeutet dies, dass die Haltung des Moderators* ein zentrales Element von Prozessberatung ist. Daneben oder „darüber“ liegt das, durch die zugrundeliegende Haltung determinierte, beobachtbare Verhalten, das auf das jeweilige Gegenüber wirkt. Unsere Haltung ist also zentraler Erfolgsfaktor in Moderation und Beratung. 

Unsere Haltung prägt unsere Wahrnehmungsfilter, unsere individuelle Art und Weise, wahrzunehmen, einzuordnen und zu bewerten. Wir konstruieren uns auf dieser Basis unsere Wirklichkeit, die auf unsere Haltung zurückwirkt. Insofern kann man sagen, Haltung ist zirkulär und nicht zuletzt deshalb, sehr stabil.

Stabil ist dabei vor allem unsere Grundhaltung, unsere Grundgestimmtheit dem Leben gegenüber, geprägt aus einer Vielzahl von Erfahrungen, die das (ungeborene) Kind gemacht hat, bis zum Hier und Jetzt. Man könnte auch sagen: Haltung ist geronnene Erfahrung. Wir (glauben immer mehr zu) wissen wie „es ist“, unser Haltung gibt uns Halt. Sie verfestigt sich zum Charakter. 

Haltung ist geronnene Erfahrung

Haltung braucht dabei immer einen Gegenpool, Haltung ohne Gegenüber ist, wie Klatschen mit einer Hand. Haltung ist dual. Wir nehmen eine bestimmte Haltung gegenüber dem Leben an sich ein, einem konkreten Sachverhalt, einer aktuellen Situation oder einer Person. Tritt eine neue „Sache“ auf, nehmen wir innerlich dazu Stellung, entwickeln diesem Phänomen gegenüber eine Einstellung, eine innere Haltung. Aus dieser emotionalen und rationalen „Heimat“ heraus, können wir dann unseren Standpunkt formulieren und uns mit anderen auseinandersetzen.

Um kommunizieren zu können, brauchen wir eine Haltung zu dem jeweiligen Inhalt, um den es geht. In aller Regel haben wir diese. Im Bereich der BusinessModeration und der systemischen Prozessberatung ist die Ausnahme zu dieser Regel allerdings die Regel. Ganz im Gegensatz zum Bereich der Fachberatung, wo eine Expertise zum jeweiligen Thema vorhanden sein muss, ist dies im Falle der Prozessberatung  eher erschwerend. Wieso ist das so?

Experten- und Prozessberatung

Bei Expertenberatung handelt es sich um die Art von Beratung, bei der die Betroffenen ihr Problem an einen Berater (oder eine Beratergruppe) mit dem Auftrag übertragen, das Problem zu lösen oder zumindest ganz konkrete Lösungsvorschläge zu machen. Das klassische Beispiel dafür ist die Expertise, das Gutachten eines Experten, etwa zur Echtheit eines Kunstwerkes. Auch die Beratung zur Anschaffung einer technischen Anlage und die Finanz- und Steuerberatung gehören hierzu. Die beteiligten Personen stehen sich in einer komplementären Haltung gegenüber. 

Bei Prozessberatung hingegen geht es darum, dem Gegenüber zu helfen, sein Problem selbst zu lösen. Das Problem wechselt in diesem Fall den Besitzer nicht. Vielmehr geht es darum, den Prozess der Problemlösung zu gestalten. Gefragt ist nicht Fachkompetenz, sondern (vor allem) Methodenkompetenz. Die beteiligten Personen stehen sich in einer symmetrische Haltung gegenüber. 

Die Haltung in der Moderation

Da BusinessModeration (wie systemische Organisationsberatung allgemein) Hilfe zur Selbsthilfe ist, müssen BusinessModeratoren, eine inhaltlich neutrale Haltung einnehmen. Andernfalls werden sie zum Fachberater. Da man, wie eingangs erwähnt, aber nicht keine Haltung einnehmen (beziehungsweise entwickeln) kann, ist das Einnehmen dieser neutralen Haltung ein bewusstes Tun, das ein inhaltliches „Haltungsvakuum“ erzeugt. In der Praxis führt dies (bei moderationsunerfahrenen Teilnehmern) zu Verunsicherung, was sich in der Frage: „Sie haben da bestimmt mehr Erfahrung als wir, wie sehen Sie das denn?“ zeigt. Die Kunst liegt dann darin, das Vakuum durch eine spezielle Haltung, man könnte sie „fragende Haltung“ nennen, zu kompensieren. Die eigene Meinung, der eigene Standpunkt, der persönliche Eindruck, treten zugunsten einer offenen, „Neugierdehaltung“ in den Hintergrund. Im Zentrum des Interesses stehen die Haltungen der zu Moderierenden, die durch Fragen herausgearbeitet werden. Der Moderator nimmt eine „neutrale Haltung“ ein.

Je klarer die Haltung des Moderators ist, desto leichter ist die Orientierung für die Gruppe.

Wichtig ist dabei, zwischen Inhalt und Beziehung zu trennen. Während die Haltung den Inhalten gegenüber, von den Beteiligten als „neutral“ erlebt werden sollte, gilt es, den Menschen gegenüber bewusst eine „bedingungslos wertschätzende“ Haltung einzunehmen. Ziel ist es, nicht fachlich zu dominieren, sondern die beteiligten Menschen zu ermutigen und ihnen die inhaltliche Arbeit durch geeignete Kommunikations- und Moderationsmethoden zu erleichtern. Je klarer dabei die Haltung des Moderators ist, desto leichter ist die Orientierung für die Gruppe.

Ihr /Euer /Dein
Josef W. Seifert

© 2020 MODERATIO


* wenn hier von „Moderator“ oder „Berater“ die Rede ist, ist dies ausschließlich der leichteren Lesbarkeit geschuldet.

Die 10 Gebote der Besprechungsmoderation

Es gibt kaum eine Organisation, in der nicht über zu lange und ineffektive, ja langweilige und frustrierende Besprechungen und Sitzungen geklagt wird. Dabei würde es genügen, einige Regeln für den Leiter, oder besser den Moderator, einzuüben und zu beherzigen.

Gelingt dies nicht im Selbststudium, empfiehlt sich der Besuch eines entsprechenden Trainings; die investierte Zeit kommt in Form effektiverer Veranstaltungen vielfach wieder herein. Die folgenden 10 Gebote zeigen, als Anregung fürs Selbsttraining, worauf es ankommt.

1. Gebot Bereite Dich gut vor!

In der Praxis ist meist nicht die Zeit für eine umfassende Vorbereitung oder, besser (ehrlicher?) gesagt, man nimmt sie sich nicht.


Ein Mensch – dass ich nicht Unmensch sag – meint: ”Alles kann man, wenn man mag.” Vielleicht – doch gibt’s da viele Grade: Auch mögen können ist schon Gnade! 

Eugen Roth



Der Preis dafür ist in der Regel hoch. Die Zusammenkunft dauert länger als geplant und es kommt nichts oder nicht viel (zumindest nichts Konkretes) dabei heraus. Dabei ist eine gute Vorbereitung (mindestens!) „die halbe Miete“ für den Erfolg einer Besprechung. Zu einer guten Vorbereitung gehört zunächst, für sich zu klären, ob man von der zu moderierenden Gruppe überhaupt als Moderator akzeptiert wird! Bestehen diesbezüglich Zweifel, sollte man für Akzeptanz (z.B. durch offizielle „Berufung“) sorgen oder die Aufgabe nicht wahrnehmen.

Hat man sich entschlossen, zu moderieren, ist es ratsam, sich anhand einiger „harter Fragen“ vorzubereiten und zwar:

  • Inhaltlich: Worum genau geht es in der Besprechung? Was genau soll erreicht werden?
  • Methodisch: Wie will / kann ich die Gruppe zum Ziel führen? Was mache ich erst und was dann …?
  • Organisatorisch: Was muss vorbereitet sein?
  • Persönlich: Worauf muss speziell ich besonders achten: auf Neutralität, lautes Sprechen; …?

2. Gebot: Beginne positiv!

Zu einem positiven Einstieg gehört es, etwas „für den Bauch“ zu tun. Das heißt, es ist wichtig, ein positives Klima für die gemeinsame inhaltliche Arbeit zu schaffen. Das geht in aller Regel vor dem offiziellen Beginn leichter als danach. Ziel dieser Phase ist es, die Teilnehmer auch psychisch „da sein“ zu lassen. Wer hat es nicht schon erlebt, dass man (todmüde) ankommt und dann von wohlmeinenden „Geistern“ gleich mit allem Möglichen und Unmöglichen „überschüttet“ wird. Dabei wünscht man selbst (physisch anwesend) sich nichts sehnlicher, als erst einmal (psychisch) „anzukommen“. Das sprichwörtliche Gespräch über’s Wetter kann hier gute Dienste tun. Darüberhinaus ist es wichtig, pünktlich zu beginnen. Ist die Veranstaltung für 9.00 Uhr angesagt, so beginnt diese auch um 9.00 Uhr und nicht um 9.05 Uhr oder 9.12 Uhr. Die Anwesenden waren pünktlich und das muss belohnt werden!

3. Gebot: Lege das Ziel fest!

Nach der Begrüßung geht es darum, die Tagesordnungspunkte abzustimmen und die jeweilige Zielsetzung abzuklären. Oft wird gemäß dem Motto: „Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen, das aber mit ganzer Kraft“ drauflos gearbeitet, ohne zu wissen, worum es konkret geht. Die inhaltliche Arbeit sollte auf keinen Fall beginnen, bevor nicht Konsens über die Zielsetzung der Bearbeitung besteht. Es genügt hierzu nicht, dass (vermeintlich) „ja eh jeder weiß, worum es geht“. Das gemeinsam formulierte Ziel wird zum Thema visualisiert (vgl. 4. Gebot) und ist somit der „rote Faden“ für die Bearbeitung und damit für die Leitung/ Moderation der Veranstaltung.

4. Gebot: Visualisiere für alle sichtbar mit!

Die Visualisierung beginnt schon vor der Veranstaltung, spätestens aber bei deren Beginn, indem der Moderator das zu bearbeitende Thema aufschreibt. Am besten auf ein Flipchart, weil dieses (zu Beginn der Zusammenkunft an die Wand geheftet) sichtbar gehalten werden kann. Danach beginnt ein für alle sichtbares (Mit-)Visualisieren aller wichtigen Inhalte. Der erste Schritt ist – wie erwähnt – die Ergänzung des Themas / der Themen um die jeweilige Zielsetzung. Danach führt der Moderator dies während der gesamten Besprechung fort, indem er alle zur Bearbeitung wichtigen Inhalte sichtbar macht und wenn irgend möglich (durch anpinnen oder ankleben) sichtbar hält!

5. Gebot: Erläutere die Vorgehensweise!

Niemand käme auf die Idee, sein Haus zu bauen, ohne erst einen Plan dafür zu machen. In Besprechungen wird häufig zuerst das Haus gebaut und manch einer wundert sich am Ende, dass (wiedermal) nichts (Konkretes) herausgekommen ist.

Hier ist der Moderator aufgerufen, darauf zu drängen, dass nach Thema und Ziel auch der Weg verabredet wird, der zur Themenbearbeitung beschritten werden soll. Erst dann wird, nach eben dieser Absprache, das Thema bearbeitet. Der Moderator ist ab diesem Zeitpunkt „Anwalt“ der vereinbarten Vorgehensweise und verhilft ihr immer wieder „zu ihrem Recht“!

6. Gebot: Sei neutral!

Der Moderator ist dafür verantwortlich, dass die Gruppe zu einem Ergebnis kommt, nicht aber für dessen Qualität aus seiner Sicht. Er sollte sich zwar in die Inhalte hineindenken können, aber nicht inhaltlicher Experte sein. Ist er dies aber doch und darüber hinaus, wie in der Praxis so häufig, auch noch inhaltlich Betroffener, wird es für ihn schwierig sein, (gut) zu moderieren.

Geht es nicht anders, und er will oder muss die Veranstaltung – obwohl er inhaltlich „Aktien hat“ – leiten, so muss er versuchen, beiden Rollen gerecht zu werden. Er kann dies (wenn überhaupt) z.B. dadurch, dass er in der einen Rolle (Moderator) steht und in der anderen (Teilnehmer-Rolle) sitzt. Äußerst hilfreich kann es in dieser Situation sein, seine inhaltlichen Beiträge in Form von Fragen einzubringen und möglichst wenig direktiv zu wirken (vgl. 7. Gebot).*

7. Gebot: Führe durch Fragen!

Entscheidungen werden von den Betroffenen dann (am ehesten) mitgetragen, wenn diese sich in der Entscheidung wiederfinden. Dies kann nur der Fall sein, wenn sie auch gefragt wurden. Der Moderator kann seine Aufgabe deshalb nur aus einer „fragenden Haltung“, keinesfalls aus einer „Sage-“ oder „Besserwisser-Haltung“ heraus bewältigen. Er leitet die Gruppe (an), ist aber nicht inhaltlicher Entscheider! Nur in der Doppelrolle Moderator und Teilnehmer wird er sich inhaltlich einbringen. Um zu erfahren, was die Gruppe und der Einzelne in der Gruppe will, muss der Moderator aber auf jeden Fall mit (offenen) Fragen arbeiten. Am Ende seiner Sätze werden also nicht Ausrufe-, sondern Fragezeichen stehen. Statt: „Wir müssen aber auch noch den Aspekt …betrachten!“ fragt er: „Kann es sein, dass wir in diesem Zusammenhang auch den Aspekt … betrachten müssen?“

8. Gebot: Bleibe beim Thema!

Ein großes Problem in Besprechungen ist es, dass Themen immer wieder „zerredet“ werden. Hier profitiert der Moderator von seiner sauberen Vorarbeit beim Einstieg. Die gemeinsam formulierte Zielsetzung (vgl. 3. Gebot) gibt ihm immer (wieder) die Möglichkeit nachzufragen, ob das momentan Diskutierte zum Thema bzw. zur Zielsetzung passt, um so mit der Gruppe den „roten Faden“ zu behalten bzw. (immer wieder) wiederzufinden.

9. Gebot: Achte auf konkrete Vereinbarungen!

Der Moderator ist dafür da, dass der Witz: „Was ist eine Besprechung? Nun, es gehen viele hinein und es kommt nichts dabei heraus“ sich nicht bestätigt. Das bedeutet, dass er mit Akribie darauf zu achten hat, dass das angestrebte Ziel erreicht wird und konkrete Maßnahmen nach dem Muster: „Wer macht was bis wann?“ beschlossen werden. Hilfreich ist hierzu ein (vorab) visualisierter „Maßnahmenplan“ mit den entsprechenden Spalten, in die dann die Beschlüsse nur noch eingetragen werden. Der ausgefüllte Maßnahmenplan kann dann für einen „Maßnahmen-Check“ Element der nächsten Sitzung sein.

10. Gebot: Schließe positiv ab!

Die Teilnehmer sollen die Besprechung in positiver Stimmung und mit dem Vorsatz, die beschlossenen Maßnahmen in die Tat umzusetzen, verlassen. Hierzu kann ein ehrlicher Dank an die Gruppe und ein positiver Abschluss verhelfen. Dazu abschließend ein kleines Beispiel: Ich bin mir sicher, dass in den vorliegenden 10 Geboten für den Moderator der eine oder andere Tipp für Sie dabei ist, den Sie nutzen möchten, um Ihre Besprechung und Sitzung (noch) effektiver zu gestalten: Viel Erfolg!

 


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