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Es darf gedacht werden!

Pandemie, Skandale, Sorgen, die Welt steht am Abgrund? Man könnte auch sagen: Die Welt steht vor großen Herausforderungen. Wir müssen unser Verhalten auf den Prüfstand stellen, viele Bereiche neu denken. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Art der Führung von Organisationen, die Art der Führung von Menschen. Wir brauchen eine Transformation hin zu mehr Mitwirkung und Mitverantwortung aller. Die Basis dafür ist die glaubwürdige Vermittlung der Botschaft: Sich einzumischen ist erwünscht – es darf (mit)gedacht werden!

Auch, wenn es für die eine oder andere Führungskraft ungewohnt und vielleicht auch unbequem sein mag, wir müssen die Mit-Arbeitenden zu  Mit-Unternehmern machen. Wir müssen mehr Selbstverantwortung wagen, mehr Selbstorganisation zulassen. Neben einem speziellen Mindset, sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei den Führungskräften, bedarf es dafür eines speziellen Instrumentariums, das ein Mitdenken und Mitentscheiden ermöglicht. Für das, was in klein(st)en Organisationen gut möglich ist nämlich, dass alle bei allem mitdenken und mitreden sowie mit entscheiden, muss in mittleren und großen Organisationen ein spezielles Instrumentarium geschaffen werden. Hierfür werden unter dem Label „New Work“, viele Ideen und Ansätze diskutiert.

Ein zentrales Instrument hierfür ist die Delegation. Eine zweite Möglichkeit Führung zu modifizieren beziehungsweise zu ergänzen, sind moderierte Runden, in denen Mitarbeitende zu Mitwirkenden werden, aktuelle Themen diskutieren und Lösungsideen für anstehende Aufgaben entwickeln.

By the way: In diesem Text wird immer wieder nur die männliche Schreibweise verwendet. Dies ist der besseren Lesbarkeit geschuldet. Es sind alle anderen Formen gleichermaßen mitgemeint.

New Work Communities

Definiert man „New Work“ als Bestreben, den Menschen im Arbeitsleben in den Mittelpunkt zu stellen, bedeutet dies, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben müssen sich, mit ihren Sorgen und Nöten, ihren Gedanken und Ideen, ihrer Kreativität und ihren Potentialen, einzubringen. Eine gute Möglichkeit dafür Raum zu schaffen und Raum zu geben, sind moderierte Gruppen. Diese „New Work Communities“ sollten in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das folgenden Elementen und Rahmenbedingungen gerecht wird:

Elemente

  • Die Gruppe / Das Team: Eine New Work Community besteht aus bis zu 10 Personen. Diese treffen sich, während der Arbeitszeit, regelmäßig für bis zu 2 Stunden in einem Meeting- oder Kreativraum. Hier bearbeiten sie arbeitsplatzbezogene Problemstellungen, mit denen sie im Arbeitsalltag konfroniert sind. Die Arbeit der Gruppe wird von zwei Moderatoren geleitet.
  • Moderatorenrunden: Einmal im Monat treffen sich die Moderatoren aus den Communities im Gruppenraum zu einer Moderatorenrunde. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht und Probleme aus der Gruppenarbeitspraxis bearbeitet. Diese Runde wird von den Koordinatoren geleitet.
  • Koordinatoren: Die Gruppenaktivitäten werden von zwei Koordinatoren unterstützt. Diese moderieren die Moderatorenrunden, helfen den Moderatoren bei Schwierigkeiten weiter, organisieren die Trainingsmaßnahmen für Moderatoren und Koordinatoren, die Workshops und die Präsentationen vor den Führungskräften. Sie bereiten gegebenenfalls Situationsberater auf ihre Aufgabe vor und betreiben „Öffentlichkeitsarbeit“.
  • Präsentationen: Zur Einbindung der Führungskräfte in die Gruppenaktivitäten und zur Schaffung eines Mindestmaßes an Transparenz präsentiert die Gruppe Ausschnitte ihrer Arbeit vor den direkten und den übergeordneten Vorgesetzten. Ob, wann und was die Gruppe präsentiert, legt sie eigenverantwortlich fest. Sie kann sich hierzu von den Koordinatoren unterstützen lassen. Eine Gruppe wird in aller Regel zumindest dann präsentieren, wenn sie ein Thema abgeschlossen hat und Ergebnisse vorliegen.
  • Situationsberater: Wenn die Gruppe zu einer Problemlösung Spezialwissen benötig, über das keines der Gruppenmitglieder verfügt, kann die sich die Person als Situationsberater einladen, die die erforderlichen Kenntnisse hat und der Gruppe „Hilfe zu Selbsthilfe“ geben kann.
  • Training: Die Koordinatoren und Moderatoren werden in einem viertägigen Training auf ihre Aufgabe, eine Community zusammenzustellen und zu moderieren, intensiv vorbereitet. Sie lernen dort die Arbeitstechniken für die Gruppenarbeit kennen und machen erste Erfahrungen im Umgang mit Gruppen. Das Entscheidende ist das Erlernen der Moderationsmethoden, mit der die Gruppenaktivitäten geleitet werden.

Rahmenbedingungen

  • Freiwilligkeit: Die Gruppe kann nur durch aktiv-konstruktive Mitarbeit erfolgreich sein. Nur von einem Gruppenmitglied, das sich freiwillig für die Mehrbelastung durch die Gruppenarbeit entschieden hat, kann dies erwartet werden. Selbstorganisation kann hier nicht verordnet werden.
  • Langfristcharakter: New Work Communities sind eine „Dauereinrichtung“. Sie stellen einen Baustein des Personal- und Organisationsentwicklungsprozesses im Unternehmen dar. Die Gruppe löst sich nach Abschluss einer Problembearbeitung nicht auf, sondern wendet sich einer neuen Aufgabe zu.
  • Unabhängigkeit: Die Teams können und sollten von der sonstigen Organisationsstruktur, fach- und bereichsübergreifend zusammengestellt werden.
  • Prinzip der Eigenverantwortlichkeit: Die Gruppe hat keinerlei Vorgaben, womit sie sich zu beschäftigen hat. Die Problemstellung, die die Gruppe bearbeiten will, wählt sie eigenverantwortlich aus den Problemen aus, die den Gruppenmitgliedern bekannt sind und von denen sie glauben, sie einer Lösung zuführen zu können.
  • Kein Erfolgszwang: Von der Gruppe wird erwartet, dass sie arbeitet. Es werden aber (von außen) keine Ergebnisse im Sinne vorzeigbarer Problemlösungen erwartet. Die Gruppe ist dadurch für ihre Motivation selbst verantwortlich.
  • Moderatorenteam: Die Gruppe wird von zwei Moderatoren „geleitet“. Die Moderatoren sind verantwortlich für die Prozesssteuerung, übernehmen aber keine inhaltlichen Aufgaben. Sie sind nicht Vorgesetzte, sondern Helfer der Gruppe. Eine Gruppe wird grundsätzlich von zwei Moderatoren betreut. Dadurch kann die methodische Arbeit leichter bewältigt werden, und die Gruppenprozesse sind zu zweit besser zu steuern.
  • Moderationsmethode: Die Gruppe arbeitet im Kern mit der „MODERATIOnsMETHODE“. Diese gibt der Gruppe eine Struktur für ihre Arbeit vor und stellt Methoden zur Problembearbeitung bereit.
  • Regelmäßigkeit: Die Gruppenarbeit findet zusätzlich zur normalen Arbeit – während der Regelarbeitszeit – statt. Die zeitlichen Möglichkeiten sind deshalb sehr begrenzt. Um eine kontinuierliche Problembearbeitung zu ermöglichen, sollten sich die Gruppenmitglieder mindestens zweiwöchentlich treffen.
  • Erfahrungsaustausch: Einmal pro Jahr findet ein Moderatoren-Workshop statt, in dem es darum geht, die gemachten Erfahrungen intensiv zu besprechen und aufzuarbeiten. 

Fazit 

New Work Communities können in idealer Weise die Delegation an Einzelne und Teams ergänzen, da sie fach- und ressortübergreifend organisiert sind und beliebige Themenstellungen aufgreifen können. Sie fordern und fördern Selbstorganisation. Führung und Selbstführung können so, wie Yin und Yang, ineinander greifen. Sie sind mehr als ein Appell, sie sind regelrecht die Manifestation der Abkehr von einem traditionellen Führungsverständnis und der so wichtigen Botschaft: Bei uns darf gedacht werden!


PS:

Wir beraten Sie gern zur Einführung Ihrer „New Work Communities“, sprechen Sie uns an, unter Telefon: +49 8446 – 9 2030 // Zuständig für diesen Bereich sind Josef W. Seifert und Dr. Gerlinde Bühner.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

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Wer wagt gewinnt.

Ist unseren Schutzengeln langweilig? Gehen wir zu wenig Risiken ein, fehlt uns der Mut zu Neuem? Angesichts der gesellschaftlichen, klimatischen, technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen werden wir es künftig mit dem deutschen Dramatiker Friedrich Schiller halten müssen, der meint: „Wer nichts waget, der darf nichts hoffen.“ – Doch was konkret gilt es zu wagen? …was zu hoffen?

Die Veränderungsgeschwindigkeit in Gesellschaft und Organisationen nimmt zu. Veränderungen verlaufen häufig nicht linear, sondern sprunghaft. Es entsteht eine nie gekannte Flüchtigkeit. Was heute gilt, ist morgen schon überholt. Das führt zu Unsicherheit. Prognosen und Strategien sind immer kurzlebiger. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Komplexität der Voraussetzungen für politisches und unternehmerisches Handeln kontinuierlich zunimmt. Ursachen für Ereignisse sind meist multikausal und in sozialen Systemen gar zirkulär. Mehrdeutigkeit dominiert, monokausale Ursachen-Wirkungs-Erklärungen laufen ins Leere. Diese Entwicklung hat längst einen Namen: Wir leben in einer „VUCA Welt“, einer Welt von Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity.

Wir haben nicht die Wahl, ob wir diesem Sachverhalt Rechnung tragen, sondern nur wie. Und dabei müssen wir aufpassen, dass unseren Schutzengeln nicht langweilig wird. Wir müssen – wo immer verantwortbar – mehr Unsicherheit wagen. Wir sollten die Definition von Wahnsinn, die Albert Einstein nachgesagt wird, „… immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ sehr ernst nehmen und es wagen, – immer wieder neu – Denk-, Fühl- und Handlungs-Autobahnen zu verlassen.

Für unsere Arbeitswelt erfordert das den Mut, Bewährtes auf den Prüfstand zu stellen und die „Neue Arbeit“ zu erfinden. Dies beginnt ganz radikal bei der Frage, nach dem Sinn & Zweck (Wofür gibt es uns heute und wofür morgen?) über die Neudefinition von Führung (Was ist Führung heute und wohin muss sie sich verändern?) und reicht bis zur Selbstorganisation von Unternehmen und Teams (Wie viel Kontrolle brauchen wir, wie viel Eigenverantwortung ist möglich?), um nur drei der wesentlichen Faktoren zu nennen, die uns im Rahmen der Transformation zur New Work beschäftigen müssen. Im Einzelnen:

Sinn & Zweck

Unternehmen müssen künftig mehr als wirtschaftliche Ziele haben, um für (junge) Menschen attraktiv zu sein. Die Akzeptanz der auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Wirtschaftslogik  schwindet. Es muss über das Gewinnstreben hinaus (oder statt dieses Zieles) glaubwürdig ein Sinn, Zweck, „Purpose“ formuliert werden, der (auch) das Gemeinwohl im Blick hat, Chancen- und Einkommensgerechtigkeit fördert, Nachhaltigkeitskriterien gerecht wird. 

Der Trend, immer weniger für Lebensmittel ausgeben zu müssen um immer mehr finanzielle Mittel für „Totmittel“ zur Verfügung zu haben, gerät ins Stocken. Die Folgen der Wohlstandsgesellschaft und des sogenannten Turbokapitalismus, werden langsam nicht nur bewusst, sondern auch spürbar. Immer mehr, vor allem junge Menschen, hinterfragen den Sinn und Zweck, wenn sie ihre Lebenszeit für ein Unternehmen, eine Organisation einsetzen sollen. Der Mitarbeiter der Zukunft möchte den Sinn und Zweck seines Handelns verstehen und das Gefühl haben, dass es etwas Sinnvolles ist, wofür er sich einsetzt.

Unternehmer und Manager brauchen daher den Mut, den Unternehmenszweck auf den Prüfstand zu stellen und Zukunftsvisionen zu entwickeln, die die Menschen mitnehmen, die Sinn und Selbstwirksamkeit im täglichen Tun versprechen und neben dem Unternehmenswohl auch das Gemeinwohl im Blick haben.
 

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Antoine de Saint-Exupéry

Führung

Führung muss künftig mehr sein, als Planen und Entscheiden, Anordnen, Delegieren, Kontrollieren, Kritisieren und Disziplinieren. Führung muss neu gedacht werden, weil vor allem jüngere Menschen nicht bereit sind, diese Art von Führung zu akzeptieren. Zudem verbrennt sie in ausgeprägten VUCA Zeiten zu viel der erforderlichen Wendigkeit. Agilität ist Trumpf. Gefragt sind „Freiheit“ und Partizipation, Selbstführung und Selbstorganisation. Die Führungskraft als Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens hat – lange beschworen – nun tatsächlich ausgedient. Der Mitarbeiter rückt ins Zentrum des Geschehens. Führung wird dadurch nicht geringer, sondern anders.

Die Führungskraft muss mehr denn je zum „Selbstführungscoach“ und „Selbstorganisationscoach“ werden, der Eigenverantwortung fordert und fördert. Führung wird zur Dienstleistung. Wir brauchen, mehr denn je, den Mut zur „Führung mit Demut“; wir brauchen Facilitative Leadership.

 

Demut besteht nicht darin, sich geringer als die anderen zu fühlen, sondern sich von der Anmaßung der eigenen Wichtigkeit zu befreien.

Matthieu Ricardo

Selbstorganisation

Das, im Rahmen der New Work Diskussion, oft bemühte Idealbild des hierarchiefreien Miteinanders auf Augenhöhe, muss eher als Vision denn als Ziel verstanden werden. Heterarchie, als gleichberechtigtes Neben- und Miteinander könnte man in sozialen Bezügen als „realistische Utopie“ bezeichnen. Nichtsdestotrotz brauchen wir den Mut und die Phantasie mehr Selbstorganisation zu wagen.

Was in Start-ups und klein(st)en Unternehmen an Einbezug und Mitwirkung einfach zu bewerkstelligen ist, muss in größeren Organisationen tailormade in Strukturen und Prozessen abgebildet werden. Das Thema heißt im Kern: Delegation. Und damit ist nicht nur die Übertragung von Aufgaben an Mitarbeiter oder Teams gemeint, sondern auch die Übertragung der zugehörigen Verantwortung und den erforderlichen Kompetenzen.

Ein Zuwachs an Agilität und Effizienz für die Organisation und Qualität für die Mitarbeitenden ist nur möglich, wenn Kompetenzen ausgebaut, Entscheidungswege verkürzt und Prozesse vereinfacht werden. Wir brauchen eine Transformation hin zur Delegations-Kultur mit mehr Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeitenden. Das Wollen und Können muss, wo immer möglich, um das erforderliche Dürfen erweitert werden.

Dabei stellen Instrumente, wie flexible Organisationsstrukturen, Vertrauensarbeitszeit, Homeoffice, digitale Vernetzung, agile Projektarbeit, New Work Communities … hohe Anforderungen an Führungskräfte, Teams und Mitarbeitende. Das bedeutet, dass Selbstorganisation nicht verordnet werden kann und nicht nur gut gemeint sondern auch, und vor allem, „gut gemacht“ sein muss.

Allem voran aber brauchen wir Führungskräfte, die es wagen sich – in der gewohnten Rolle – überflüssig zu machen, ohne überflüssig zu werden. Das verlangt Mut, Vertrauen und solides Handwerk.

 

„Erst die Balance aus Selbst- und Fremdbestimmung, mit einem deutlichen Ausschlag zu ersteren, lässt unser Leben gelingen.“

Helmut Glaßl

Fazit

Jede Veränderung birgt Risiken, Nichts zu verändern auch. Es sieht ganz danach aus, also ob es uns jetzt gelingen muss, in unserer (Arbeits-)Welt grundlegende Veränderungen vorzunehmen, um hoffen zu dürfen, dass damit die erforderliche Transformation gelingt. Dabei wird uns nichts anderes übrig bleiben, als dafür zu sorgen, dass unseren Schutzengeln nicht langweilig wird.


Wir beraten und begleiten Management und Führung, Teams und Mitarbeitende für eine gelingende Transformation der Organisation. Sprechen Sie uns an: www.MODERATIO.com


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO