On-Line-Meetings

Corona hält die Welt in Atem, die Folge: Die Online-Meeting-Branche boomt. Telefonkonferenz-Anbieter sind stellenweise überlastet, keine Leitung ist mehr zu kriegen. Es werden reihenweise öffentliche Veranstaltungen abgesagt und das Zusammentreffen von Menschen soll möglichst minimiert bis verhindert werden. Und wo treffen ständig viele Menschen zusammen? Ja, genau, bei der täglichen Arbeit. Das Arbeitsleben droht zu erliegen.

Viele Firmen weichen also auf Online-Meetings aus. Führungskräfte sind zum Teil zum ersten Mal in ihrem Arbeitsleben damit konfrontiert, Meetings, die normalerweise ganz selbstverständlich vor Ort stattgefunden habe, online abzuhalten. Und dann kommt „Panik“ auf. Nicht etwa wegen des Virus, sondern wegen des Meetings. Kann ich das? Bin ich gut genug? Werde ich in der Lage sein, das Meeting professionell zu leiten? Damit Sie dafür gerüstet sind, habe ich einige Tipps für Sie.

(1) Der professionelle Anfang

Bewusst geht es mir hier noch nicht um den Einstieg ins Meeting. Mir geht es um den Anfang eines Online-Meetings. Und da beginnt es mit der professionellen Vorbereitung. Nichts ist ärgerlicher, als wenn vom Start weg technisch nicht alles einwandfrei klappt. Und damit es klappt, rate ich Ihnen zum “Technik Check”. Das heißt, Sie kontaktieren bereits einige Tage vor dem eigentlichen Meeting alle Teilnehmenden einzeln, um mit ihnen das Setup zu testen. Ich schreibe dafür meinen Teilnehmer*innen meist eine E-Mail und vereinbare einen Termin. Ich bitte sie, mit demselben Equipment und am selben Arbeitsplatz unter genau denselben Umständen zu sein, wie wir sie im Meeting auch haben werden. Es nützt ja nichts, wenn wir einen Technik-Check durchführen, bei dem die Teilnehmerin an ihrem Arbeitsplatz mit perfekter Internetleitung und dem Headset des Kollegen sitzt, während sie am Termin im Home-Office bei wackeligem WLan und ohne Headset teilnimmt.

(2) Der Technik-Check

Zur Vorbereitung eines Termins bitte ich die Teilnehmer*innen darum, ein möglichst hochwertiges Headset zu verwenden und an ihrem Rechner den Mikrofoneingang auf “Externes Mikrofon” einzustellen. Je hochwertiger das Headset, desto angenehmer die Klangqualität beim Sprechen und Hören. Der Aufnahmeradius des Mikrofons sollte dabei möglichst gering sein, so werden störende Nebengeräusche zur Nebensache, da sie nicht beim Mikrofon ankommen.

Beim Technik-Check genügt es mir zu überprüfen, ob sich der/die Teilnehmer*in per Audio mit angeschlossenem Headset mit mir verständigen kann. Ob wir uns also gegenseitig hören können.

Soll während des Meetings Software zum Einsatz kommen, so teste ich auch diese. Die Teilnehmenden bitte ich, sich einzuloggen und ich teste einmal alle zentralen Funktionen. Dabei gehe ich niemals davon aus, dass etwas dann “ja eh” klappen wird.

Können wir uns hören und funktioniert alles an Software ist der Technik-Check auch schon beendet. Wenn alles gut geht, dauert das ca. 5 Minuten. Falls nicht, ist jetzt bis zum Meeting noch genug Gelegenheit, auf Fehlersuche zu gehen, gegebenenfalls den Rechner neu zu starten, das Headset zu wechseln oder den System-Administrator um Hilfe zu bitten. Manchmal tut’s auch der Sohn oder die Tochter, der/die fit ist in Sachen digitaler Technik.

(3) Der Anfang vor dem Anfang

Einige Zeit später, ich bin bereits sicher, dass alle Teilnehmenden mit der Technik vertraut sind, findet das eigentliche Online-Meeting statt. Ich sollte als Moderator*in dafür sorgen, als erstes da zu sein. Ich bitte meine Teilnehmenden gerne, sich bereits 10 bis 15 Minuten vor dem eigentlichen Beginn einzuloggen, damit wir pünktlich starten können. Einige Minuten vor Start trudeln nun also die Teilnehmer*innen ein. Häufig beginnen Meetings dann so, dass jemand ein langes “Haaallloooo … hört ihr mich? Noch jemand da?” in den Äther schickt. Ich bevorzuge einen Start, bei dem von Beginn an jeder Orientierung hat. Daher bespreche ich den Start oft schon im Technik-Check. Die Teilnehmer*innen wissen, dass sie nach dem Login eine Startfolie sehen (sofern die Software dies zulässt), auf der eine Begrüßung und erste Anweisungen stehen wie etwa: “Du bist hier richtig! Schön, dass du da bist zum Meeting, Thema XY”. Vielleicht stehen weitere Anweisungen darauf wie etwa: “Melden Sie sich bitte zunächst im Chat, wenn Sie ansprechbar sind. Dann werde ich gleich zu Ihnen kommen” oder Tipps was zu tun ist, wenn die Leitung weg bricht oder man aus dem Meeting „fliegt“. Übrigens: Auch hilfreich sind solche “Trouble-Shooting-Tipps” im Einladungsschreiben zum Meeting. Dazu aber ein anderes Mal mehr.

Da ich der erste im Meeting bin, kann ich jeden Teilnehmenden, der den virtuellen Meetingraum betritt, begrüßen und etwas Small-Talk betreiben. Dies vertreibt die “soziale Kälte” und schafft eine erste Verbindung. Etwa so: “Hallo Silke! Schön, dass es klappt. Ich gehe davon aus, du kannst mich hören. Von wo aus bist du denn zugeschaltet?”. Nun antwortet Silke und ich weiß, ob sie mich hört und ob ich sie höre. Nun können die Lautstärken-Pegel noch reguliert werden. Ich informiere Silke, dass wir noch 10 Minuten bis zum Start haben, bedanke mich, dass wir schon wissen, dass Sie nun startklar ist und teile ihr mit, dass sie gerne das Headset auf “Mute” stellen und zur Seite legen kann, bis es losgeht.

Bei jedem neuen Teilnehmer erkläre ich kurz den Stand, denn sie kennen ihn nicht. Ich kann zum Beispiel zu Lars sagen, der als fünfter den Raum betritt: “Hallo Lars, toll, dass du da bist. Silke, Lothar, Meike und einige andere sind bereits hier. Magst du uns eben sagen, wie dein Start in den heutigen Arbeitstag war?” Nun höre ich Lars für einige Sekunden und danach kann auch er stumm schalten usw.

(4) Jetzt geht’s los!

Ich starte grundsätzlich pünktlich, um die Pünktlichkeit der Anwesenden zu würdigen. Sollte noch jemand fehlen, kläre ich ggf. nur, ob ein Start ohne die Person möglich ist. Jetzt ist es gut, wenn ich mein Meeting in die sechs typischen Schritte für Online-Meetings gliedere, damit die Teilnehmenden und ich selbst Orientierung haben.

Schritt 1: Einsteigen

Blitzlicht im Einsteigen

Im ersten Schritt möchte ich, dass jeder von jedem gehört wird. Dies gelingt mir am leichtesten mit einem kurzen “Check-In”. Dabei bitte ich die Teilnehmenden, meist in der Reihenfolge, in der sie in der “Teilnehmerliste” stehen, kurz etwas zu sagen. Sollte mein digitales Tool keine Avatar-Liste bereitstellen, so habe ich vor mir eine Liste aller Anwesenden liegen, zur Not handgeschrieben. Ich kündige an, was passiert und bitte dann den ersten in der Liste, nämlich “Alina”, zu starten. Am Bildschirm ist jetzt idealer Weise eine “Impulsfrage” zu sehen, wie etwa: “Ein digitales Meeting ist für mich … eher Neuland … eher Alltag?”. Nun hat jeder die Möglichkeit der vorgegebenen Reihenfolge nach zu antworten. Nun ist letztendlich sichergestellt, dass wir uns alle hören können. Zudem hat jeder jede/n gehört und die Angst, als erstes in der folgenden Diskussion das Wort zu ergreifen, schwindet.

Im Einsteigen kläre ich zudem Formalitäten wie etwa, wie lange wir Zeit haben, wie häufig und nach welcher Zeit Pausen stattfinden. Ich zeige nochmals auf, zu welchem Thema wir zusammen gekommen sind und mit welcher Zielsetzung. Zeiten, Ziele und Thema des Meetings können die Teilnehmenden idealer Weise auch visuell vor sich sehen, nicht nur durch mich hören.

Regelarbeit im Einsteigen

Ich schlage einige Regeln vor, um zu erwartende Störungen zu minimieren. Dazu gehört etwa, dass man sich nicht gegenseitig ins Wort fällt, da man sich ja nicht sehen und sich nicht per Gestik verständigen kann. Um dies zu vermeiden, verwende ich sehr gerne den Chat in Online-Meetings. Viele Online-Meeting-Tools bieten eine Chat-Funktion an.

So erkläre ich den Teilnehmenden, welche Regel ich vorschlage und wozu, etwa so: “Damit wir uns im heutigen Meeting nicht gegenseitig versehentlich ins Wort fallen und jeder seinen Beitrag ungestört leisten kann, schlage ich vor, dass Sie sich im Chat melden, wenn Sie etwas sagen möchte, etwa, indem Sie “Wortmeldung” in den Chat schreiben oder “Frage”. Falls Sie mitgehen können, so bitte ich Sie, schreiben Sie jetzt ein (+) in den Chat als Zeichen Ihrer Zustimmung. Sind Sie nicht einverstanden, schreiben Sie bitte ein (–) in den Chat. So habe ich nun bereits mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Einmal ist der Chat als Kommunikationsinstrument eingeführt. Außerdem wissen die Teilnehmer, dass sie mit einem Plus ihre Zustimmung und mit einem Minus ihre Ablehnung im Chat ausdrücken können bzw. sich zu Wort melden. Darauf kann ich dann immer wieder zurückkommen.

Sollte jemand mit den Regeln nicht konform gehen, so kann ich diejenige / denjenigen fragen, was sie / er denn bräuchte, damit die Regel auch für sie / ihn hilfreich ist. In der Regel kommen wir so zu einer Einigung.

Schritt 2: Sammeln

Wenn nun alle anwesend sind, kurz etwas gesagt haben, der Rahmen und die Regeln geklärt sind, geht es im zweiten Meeting-Schritt darum, die Agenda / Themenliste vorzustellen. Solle es keine geben, kann ich an dieser Stelle die Teilnehmenden nach den Themen fragen, über die sie sprechen wollen. Entweder verbal, anhand der Reihenfolge der Teilnehmerliste oder per Chat. Die Leitfrage für die Themensammlung lautet etwa: “Worüber sollten wir heute sprechen?”

Ich visualisiere die Themen für alle sichtbar mit.

Schritt 3: Auswählen

Sofern es eine feste Agenda gibt, steht die Reihenfolge der Themen bereits fest. Falls dies nicht der Fall ist, kann ich – sofern die Software dies unterstützt, die Reihenfolge der Themen durch die Teilnehmenden festlegen lassen. Die Leitfrage dazu wäre: “Was sollten wir vorrangig besprechen”. Sollte mir die Software keine Möglichkeit der virtuellen Abstimmung bieten, so schlage ich meist pragmatisch vor, die Liste von oben nach unten abzuarbeiten, da ohnehin jedes Thema besprochen wird. Wichtig ist nur, dass es eine vereinbarte Reihenfolge gibt, auf die ich mich im Verlauf berufen kann. Nun weiß ich, womit wir starten.

Schritt 4: Bearbeiten / Besprechen

Es geht nun daran, das erste Thema der Liste zu besprechen. In der Regel stelle ich als Moderator*in das Thema vor oder bitte den Themen-Owner kurz zu erläutern, worum es bei dem Thema geht und was die Zielsetzung ist, mit der ein Thema besprochen werden soll. Wenn es etwa um Marketing-Ideen geht, möchte ich wissen, worum es demjenigen, der das Thema vorgeschlagen hat, ganz konkret geht. Angenommen, Lars hat dieses Thema eingebracht, könnte er nun sagen: „Mir geht es heute darum, zunächst aufzuzeigen, welche Marketingmaßnahmen derzeit laufen, um im Anschluss darüber nachzudenken, was wir zusätzlich noch machen könnten.“ Dies ist etwas anderes, als wenn Lars die bestehenden Maßnahmen diskutieren und verbessern wollen würde. Je enger der “scope”, also das, worum es konkret gehen wird, gefasst ist, umso leichter wird es. Als Moderator*in achte ich darauf, dass jeder zu Wort kommt und jeder beim Thema bleibt. Immer in Hinblick auf das Ziel der Besprechung. Wenn ein Thema durch ist oder die Zeit für ein Thema abgelaufen, werden die nächsten Schritte festgehalten.

Schritt 5: Planen

Ich starte nicht das nächste Thema, ehe ich das erste “eingetütet” habe. Ich frage also in die Runde: “Nun, wir haben etwas über die bestehenden Maßnahmen erfahren und weitere Maßnahmen-Ideen gefunden. Gibt es eine Idee, die wir konkret weiter verfolgen sollen. Falls ja, meldet euch bitte im Chat, damit ich euch aufrufen kann.” Nun meldet sich Claudia und macht einen Vorschlag für eine konkrete Maßnahme zum weiteren Vorgehen im Thema. Wenn die Gruppe damit einverstanden ist, notiert der Moderator – in Abstimmung mit der Gruppe – die nächsten Schritte anhand einer konkreten Maßnahme. Gut eignet sich dafür die Frage: “Was machen wir konkret zu Thema XY? … in unserm Falle “Marketing”? Dann fülle ich die Felder.

“Was?” machen wir, “Wozu?” machen wir es, “Wer?” kümmert sich von uns darum, “Wann?” wird es erledigt sein, und “Check?” wie erfahren wir vom Ergebnis?

Danach geht es mit dem zweiten Thema auf der Liste weiter … nicht jedoch, bevor nicht eine fünf- bis zehnminütige Pause den Teilnehmenden ermöglicht hat, einmal durchzuatmen. Gerne lade ich die Teilnehmenden dazu ein, den Rechner und Raum dazu zu verlassen – jedoch bitte pünktlich in 10 Minuten zurück zu sein.

Sind alle wieder da, geht es mit dem nächsten Thema weiter und so weiter, bis alle Themen besprochen und alle nächsten Schritte geplant sind.

Im letzten Schritt, schließe ich ab.

Schritt 6: Abschließen

Nun geht es mir darum, nochmals alle kurz zu Wort kommen zu lassen. Ich bedanke mich bei allen und stelle eine letzte Frage an die Runde, die einen “Check-Out” ermöglicht. Zum Beispiel “Wenn ich daran denke, wie es mit dem Thema weiter geht, dann habe ich das Gefühl, dass …?” Oder “Mit dem Ergebnis des heutigen Zusammentreffens bin ich …? eher zufrieden oder wäre noch Luft nach oben gewesen?“

Nachdem jeder an der Reihe war, vielleicht genau in entgegengesetzter Reihenfolge zur Einstiegsrunde, beende ich formal das Meeting und wir gehen auseinander.

(5) Fazit

Nach meiner Erfahrung haben Online-Meetings, wenn sie gut geplant, vorbereitet und strukturiert durchgeführt werden, eine enorme Wirkkraft. Und sollte Ihnen eine der genannten technischen Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, so bin ich mir sicher, gelingt Ihnen die ein oder andere kreative Abwandlung, um auch Ihr Meeting professionell und erfolgreich zu moderieren. Ich hoffe, Sie haben einige Tipps mitgenommen und Mut gefasst, für Ihre anstehenden, virtuellen Treffen.

Falls Sie sich professionelle Unterstützung wünschen, so kommen Sie jederzeit gerne auf uns zu! Wir beraten Sie gerne zum Thema, trainieren Ihr Team oder moderieren Ihr Online-Meeting.

Viel Erfolg wünscht Ihnen, Ihr,

David Seifert & das Team von MODERATIO

 

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