Schwierige Teilnehmer…

Ob in der Rolle des Moderators, Facilitators oder als Teilnehmer, kann es uns passieren, dass wir verbal angegriffen werden. Geschieht dies, etwa indem uns jemand in unserem Können oder unserer Kompetenz in Frage stellt oder etwas, das wir getan haben, trifft uns dies häufig unmittelbar persönlich. Es löst in uns einen Reflex aus, uns zu wehren oder uns zurück zu ziehen. Beides bringt uns in der Situation in der Regel nicht weiter. Setzen wir uns zur Wehr, ist es häufig so, daß wir unser Gegenüber unsererseits angreifen und nicht selten ist schnell ein Streit im Gange, der nur Verlierer produzieren kann. Wir ärgern uns und der Angriff, wie unsere Reaktion beschäftigen uns noch lange weiter… Dabei können wir in solch einer Situation gelassen bleiben, ruhig und souverän reagieren. Man kann dazu folgende 4 Schritte nutzen:

Schritt 1: Zuhören

Der erste und wichtigste Schritt zur Auflösung der Anspannung, ist das Zuhören, damit öffnen sie die Situation für eine Lösung. Dies gelingt, indem Sie den verbalen Angriff anhören, als wäre er eine wertfreie Äußerung. Und in der Tat liegt es an Ihnen, ob Sie auf einen Angriff mit Wut reagieren oder sich die Äußerung einfach anhören. Ja, es kann sein, daß es Ihnen schwer fällt, wenn empfindliche Punkte bei Ihnen getroffen werden. Halten Sie durch!

Schritt 2: Haltung verändern

Ihr Gegenüber wird Ihnen mit einer inneren „Nein-Haltung“ begegnen, während er Sie anklagt. Wiederholen Sie das, was Sie hören in Ihren Worten (paraphrasieren). Ihr Gegenüber wird nicht anders können (wenn Sie es korrekte wiedergegeben haben), als Ihnen zuzustimmen. „Ja, ich finde, Sie haben keine Ahnung!“ Wundervoll! Ihr Gegenüber wird nicht nur verdutzt sein, daß Sie den Einwand ernst nehmen, somit auch die Person, er wird aus der inneren Nein-Haltung eine Ja-Haltung entwickeln. Und damit eine Gesprächsbereitschaft.

Schritt 3: Nachfragen

Es fällt uns Menschen leichter, einen Vorwurf zu machen, als einen Wunsch zu äußern. Doch hinter jedem Vorwurf steckt ein Wunsch. Denken Sie an Vorwürfe, die Sie selbst schon einmal gemacht haben… Nun können Sie Ihrem Gegenüber helfen, aus seinem Vorwurf einen Wunsch zu formulieren. Fragen Sie nach, was sie bzw. er möchte. Was würde Ihnen helfen? Was müsste anders sein, damit Sie das geäußerte Gefühl nicht mehr hätten?

Nun wird Ihr Gegenüber vermutlich den eigentlichen Wunsch formulieren. Hören Sie auch diesen Wunsch geduldig an. Vielleicht möchten Sie den Wunsch in eigene Worten wiederholen, um sicher zu gehen, alles richtig verstanden zu haben. Fragen Sie ggf. genauer nach.

Schritt 4: Wunsch erfüllen oder Kompromiss suchen

Es ist nun an Ihnen zu überprüfen, ob der geäußerte Wunsch erfüllt werden kann oder nicht. Vielleicht ist ein Kompromiss möglich? Wenn nicht, können Sie sich zumindest bei Ihrem Gegenüber bedanken, dass Sie die Gelegenheit erhalten haben, ihm bzw. sie besser zu verstehen. Sie haben in jedem Fall ruhig und professionell reagiert und es ist kein Streit entstanden.

Vielleicht mögen Sie diese 4-Schritte-Technik ja einmal testen? Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg bei Ihren Gesprächen! Wenn Sie mehr zum Thema Moderation und Kommunikation erfahren möchten, besuchen Sie uns unter www.moderation.com

Ihr/Euer/Dein,
David Seifert

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© 2022 by MODERATIO

 

Selbststeuerung im Konflikt

Konflikte im Team kann man nicht vermeiden und manchmal auch nicht lösen, weil eine Partei die Mitarbeit verweigert. Mit einer Hand kann man nicht klatschen: Was tut man also, um die Situation zu entspannen und die Arbeitsfähigkeit trotzdem wieder herzustellen? Ein Tipp von unserer Kollegin Dr. Linda Bühner

Konfliktklärung in der Moderation basiert auf einer Gesprächssituation, die in einer Organisation durch die Führungskraft der Konfliktparteien initiiert und mit Hilfe eines Konfliktmoderators gesteuert wird. Immer wieder kommt es nicht dazu, weil sich eine Partei nach dem Motto „Ohne mich!“ der Klärung entzieht. Der Versuch, die sich verweigernde Partei zur Konfliktklärung zu zwingen, wird in aller Regel scheitern. 

Bleibt die Frage: Was kann ich als Betroffene/r tun, wenn ich eine Konfliktsituation am Arbeitsplatz als belastend erlebe und kein Klärungsgespräch erfolgt?

Selbststeuerung

Als Betroffene/r in einem Konflikt, kann ich auch ohne das Gegenüber etwas tun, um die Situation zu lösen oder zumindest – für mich – erträglicher zu machen. Der Tipp: Aktivieren der eigene Selbststeuerung, um die Aufmerksamkeit vom akuten Konfliktgeschehen weg auf die eigenen Gefühle zu richten. Erkennen und würdigen der eigenen Bedürfnisse und sich selbst in einen guten Zustand zu versetzen. Es gilt, Abstand zum akuten Konfliktgeschehen zu gewinnen und aus sich heraus kreative Ideen und Lösungsansätze für sich selbst zu entwickeln. Vor allem das polarisierende Denken in schwarz und weiß ist hier immer wieder eine persönliche Falle, die mit zunehmender Konflikteskalation die eigenen Fähigkeiten, über den Tellerrand hinauszuschauen und Lösungen zu entwickeln, immer mehr einschränken. 

Perspektivwechsel

Ein probates Mittel, etwas innerlichen Abstand zu gewinnen ist ein Perspektivenwechsel. Fragen Sie sich hierzu, wie es Ihnen gerade emotional geht und was Sie über Ihre belastende Situation denken. Was brauchen Sie, um darin gesehen zu werden, sich verstanden zu fühlen? – ein erster Schritt, einfach mal aufschreiben. Das Gegenteil davon: wie fühlt sich der /die andere und was würde derjenige immer wieder denken? Was ist demjenigen vielleicht wichtig? Nehmen Sie dazu gerne einen Platztausch vor und setzen sich auf einen zweiten Stuhl. Ein zweiter Schritt, aufschreiben. 

Neuordnung

Und wenn Sie das nun alles ordnen, sichten, was bedeutet das jetzt für Ihre schwierige Situation, wie können Sie aus dem Gefühlschaos rauskommen, und mit Respekt und Verständnis dem anderen gegenüber für sich eine klarere Perspektive einnehmen, die Sie wieder in Ihre Kraft und Ihre Ressourcen bringt? Was brauchen Sie konkret, um wieder in Ihr Gleichgewicht zu kommen? Und: Was könnten Sie dafür tun?

Diese Möglichkeit der Selbststeuerung im Konflikt bringt wieder Klarheit, worum es Ihnen (und der/m anderen) in der Konfliktsituation konkret geht und die festgefahrenen Wege mit neuer Perspektive verlassen…

Ihre/Eure/Deine
Linda Bühner

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© 2022 by MODERATIO

Die Sache mit dem Selbstwert

Es scheint ein Bedürfnis zu geben, das Abraham Maslow in seiner Bedürfnispyramide zu erwähnen vergessen hat, ein Bedürfnis nach „Ich-lass-die-anderen-alt-aussehen“. Und: Dieses Bestreben hat nach oben keine Grenze. Je weiter die anderen zurückbleiben, desto besser, je größer der Abstand, desto überlegener fühlt sich der, der „oben“ ist. Das gilt freilich für den einen mehr und für die anderen weniger doch jeder kennt dieses Gefühl. Der kleine Bruder dieses Bedürfnisses, dem wir in jeder Moderation begegnen, ist das „recht haben müssen“. Bleibt die Frage, wozu das gut sein soll: Wieso eigentlich geben wir uns so viel Mühe andere zu beeindrucken? Wieso wollen wir recht haben? Woher kommt das? Eine individualpsychologische Erklärung:

Der Mensch kommt als absolut unschuldiges, lebensbejahendes, völlig schutzloses, auf Überleben programmiertes Wesen auf die Welt. Er braucht von Anfang an Nahrung und Pflege, Wärme und Zuwendung kurz: „die Andern“. Im Laufe des Heranwachsens erlebt der kleine Mensch, dass diese andern, in der Regel die Eltern, ganz im Gegensatz zu ihm selbst, scheinbar „alles können“, „alles wissen“ und „alles dürfen“. Er erlebt sich selbst zwangsläufig als klein und abhängig, wenig/er potent und wenig/er wert. Dieses Erleben des eigenen Unvermögens, der eigenen „Minderwertigkeit“ und der Abhängigkeit vom Wohlwollen der andern gräbt sich so tief in sein Gedächtnis und in seine Seele, dass es nie mehr völlig verblassen wird.

Ganz im Gegenteil, der Mensch wird lebenslang „erzogen“. Zeigen ihm zunächst die Eltern was er noch nicht (gut genug) kann und in welcher Hinsicht er noch nicht genügt, verstärken dieses Gefühl der Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit die Erzieher und Lehrer, die Vorgesetzten und Chefs… Die Werbung tut ihr übriges, indem sie den Menschen erklärt, was sie alles machen und haben müssen, um „richtig“ zu sein… die Medien präsentieren im Dauerfeuer Vorbilder, die vermeintlich alles richtig machen und zum Maßstab werden, für das was man können und haben sollte, um liebenswert zu sein: Schneller, höher, weiter… und der einzelne bleibt zwangsläufig immer hinter den hochstilisierten Ansprüchen zurück…

Wieso aber werden wir lebenslang auf vermeintliche Defizite, auf Schwächen und Fehler hingewiesen und dadurch geschwächt? Wieso werden nicht unsere Stärken anerkannt und dick gelobt? Wieso stärken wir einander nicht, anstatt uns zu schwächen? Es möchte doch jeder gesehen, anerkannt, gelobt werden.

Das Problem an der Sache ist, dass das Ganze ein Vicious Circle, ein Teufelskreis ist: Nur wer hat, kann geben. Da wir, wie oben skizziert, von Kindesbeinen an, – der eine mehr, die andere weniger – mit Anerkennung chronisch unterversorgt sind, sind wir mit unserem Selbstwertkonto im Minus. Dadurch entsteht letztendlich das Dilemma dass alle, die auf Defizite hinweisen, davon profitieren. Kritik stellt einen Unterschied her, der eine hat recht, die andere nicht. Sich im Recht zu wähnen, erzeugt ein Gefühl von Überlegenheit, jede Kritik, ist sozusagen „Futter“ für das eigene Selbstwertgefühl. Je weniger Bestätigung jemand außen bekommt, desto entschiedener wird dessen Kritik an anderen.

In einem Gespräch, einer Auseinandersetzung, einer Diskussion Recht zu bekommen hat daher einen hohen Belohnungswert. Das gilt natürlich auch im Rahmen eines Meetings, eines Workshops oder einer Online-Diskussion.

Als Moderatorin, Facilitator oder Leiter eines Gruppendialogs ist man deshalb gut beraten, neben der inhaltlichen Sachebene, auch die emotionale Beziehungsebene dahingehend „auf dem Radar“ zu haben, dass man sich fragt, ob jemand der (sehr) emotional und/oder kompromisslos argumentiert, gerade einen „Selbstwert-Sieg“ braucht. Es geht also darum zu erkennen, ob jemand gerade Recht bekommen „muss“, weil das Selbstwertkonto sonst zu sehr ins Minus rutscht.

Hat der Moderator diesen Eindruck, kann er etwa das Selbstwertkonto dadurch bedienen, dass er die Argumentation, den geäußerten Gedankengang, das Einbringen der Perspektive und/oder das große Engagement, explizit anerkennt – und so auf das „Selbstwertkonto“ einzahlt – ohne in der Sache Stellung zu beziehen.

Gemäß dem Motto „Nur wer hat, kann geben.“, vergrößert man so, durch moderatorisches Geschick, die Chance, eine größere Offenheit in der Sache zu erreichen.

Recht haben zu wollen sollte also nicht als Dummheit, Sturheit oder Böswilligkeit gewertet werden, sondern als das was es ist nämlich, ein Versuch auf das chronisch unterversorgte „Selbstwertkonto“ einzuzahlen.

Was Peter über Paul sagt,
hat oft mehr mit Peter zu tun,
als mit Paul.

Die Grundhaltung des Moderators ist – nicht zuletzt, weil er um diese „Mechanik“ weiß – von Respekt und Wohlwollen geprägt. Die Idee ist dabei die, „ganz nebenbei“ eine Gesprächskultur der gegenseitigen Wertschätzung zu etablieren, wie sie in der Geschichte von Himmel und Hölle meisterhaft versinnbildlicht ist:

Himmel und Hölle [Quelle unbekannt]

Ein Rabbi kommt zu Gott: „Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel.“ – „Nimm Elia als Führer“, spricht der Schöpfer, „er wird dir beides zeigen.“ Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand.

Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf Aber die Menschen sehen mager aus, blass, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen.Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.

Die beiden gehen hinaus: „Welch seltsamer Raum war das?“ fragt der Rabbi den Propheten. „Die Hölle“, lautet die Antwort.

Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf.

Aber – ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich. „Wie kommt das?“ Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen.

Da weiß der Rabbi, wo er ist.

 

Ihr /Euer /Dein
josef w. seifert

© 2022 – Vorab, aus: Josef W. Seifert, Moderation und Kommunikation, Gabal Verlag, Offenbach 2023

Wie halten Sie es mit der Haltung?

In Anlehnung an Paul Watzlawick und dessen Axiom: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“, könnte man postulieren: „Man kann nicht keine Haltung einnehmen!“ Soweit, so einleuchtend. Nur, wozu ist das wichtig?

Ohne Haltung geht es nicht

Wenn wir BusinessModeration und systemische Organisationsberatung, als „Prozessgestaltung mittels Kommunikation“ definieren, und nichts anderes ist es, dann bedeutet dies, dass die Haltung des Moderators* ein zentrales Element von Prozessberatung ist. Daneben oder „darüber“ liegt das, durch die zugrundeliegende Haltung determinierte, beobachtbare Verhalten, das auf das jeweilige Gegenüber wirkt. Unsere Haltung ist also zentraler Erfolgsfaktor in Moderation und Beratung. 

Unsere Haltung prägt unsere Wahrnehmungsfilter, unsere individuelle Art und Weise, wahrzunehmen, einzuordnen und zu bewerten. Wir konstruieren uns auf dieser Basis unsere Wirklichkeit, die auf unsere Haltung zurückwirkt. Insofern kann man sagen, Haltung ist zirkulär und nicht zuletzt deshalb, sehr stabil.

Stabil ist dabei vor allem unsere Grundhaltung, unsere Grundgestimmtheit dem Leben gegenüber, geprägt aus einer Vielzahl von Erfahrungen, die das (ungeborene) Kind gemacht hat, bis zum Hier und Jetzt. Man könnte auch sagen: Haltung ist geronnene Erfahrung. Wir (glauben immer mehr zu) wissen wie „es ist“, unser Haltung gibt uns Halt. Sie verfestigt sich zum Charakter. 

Haltung ist geronnene Erfahrung

Haltung braucht dabei immer einen Gegenpool, Haltung ohne Gegenüber ist, wie Klatschen mit einer Hand. Haltung ist dual. Wir nehmen eine bestimmte Haltung gegenüber dem Leben an sich ein, einem konkreten Sachverhalt, einer aktuellen Situation oder einer Person. Tritt eine neue „Sache“ auf, nehmen wir innerlich dazu Stellung, entwickeln diesem Phänomen gegenüber eine Einstellung, eine innere Haltung. Aus dieser emotionalen und rationalen „Heimat“ heraus, können wir dann unseren Standpunkt formulieren und uns mit anderen auseinandersetzen.

Um kommunizieren zu können, brauchen wir eine Haltung zu dem jeweiligen Inhalt, um den es geht. In aller Regel haben wir diese. Im Bereich der BusinessModeration und der systemischen Prozessberatung ist die Ausnahme zu dieser Regel allerdings die Regel. Ganz im Gegensatz zum Bereich der Fachberatung, wo eine Expertise zum jeweiligen Thema vorhanden sein muss, ist dies im Falle der Prozessberatung  eher erschwerend. Wieso ist das so?

Experten- und Prozessberatung

Bei Expertenberatung handelt es sich um die Art von Beratung, bei der die Betroffenen ihr Problem an einen Berater (oder eine Beratergruppe) mit dem Auftrag übertragen, das Problem zu lösen oder zumindest ganz konkrete Lösungsvorschläge zu machen. Das klassische Beispiel dafür ist die Expertise, das Gutachten eines Experten, etwa zur Echtheit eines Kunstwerkes. Auch die Beratung zur Anschaffung einer technischen Anlage und die Finanz- und Steuerberatung gehören hierzu. Die beteiligten Personen stehen sich in einer komplementären Haltung gegenüber. 

Bei Prozessberatung hingegen geht es darum, dem Gegenüber zu helfen, sein Problem selbst zu lösen. Das Problem wechselt in diesem Fall den Besitzer nicht. Vielmehr geht es darum, den Prozess der Problemlösung zu gestalten. Gefragt ist nicht Fachkompetenz, sondern (vor allem) Methodenkompetenz. Die beteiligten Personen stehen sich in einer symmetrische Haltung gegenüber. 

Die Haltung in der Moderation

Da BusinessModeration (wie systemische Organisationsberatung allgemein) Hilfe zur Selbsthilfe ist, müssen BusinessModeratoren, eine inhaltlich neutrale Haltung einnehmen. Andernfalls werden sie zum Fachberater. Da man, wie eingangs erwähnt, aber nicht keine Haltung einnehmen (beziehungsweise entwickeln) kann, ist das Einnehmen dieser neutralen Haltung ein bewusstes Tun, das ein inhaltliches „Haltungsvakuum“ erzeugt. In der Praxis führt dies (bei moderationsunerfahrenen Teilnehmern) zu Verunsicherung, was sich in der Frage: „Sie haben da bestimmt mehr Erfahrung als wir, wie sehen Sie das denn?“ zeigt. Die Kunst liegt dann darin, das Vakuum durch eine spezielle Haltung, man könnte sie „fragende Haltung“ nennen, zu kompensieren. Die eigene Meinung, der eigene Standpunkt, der persönliche Eindruck, treten zugunsten einer offenen, „Neugierdehaltung“ in den Hintergrund. Im Zentrum des Interesses stehen die Haltungen der zu Moderierenden, die durch Fragen herausgearbeitet werden. Der Moderator nimmt eine „neutrale Haltung“ ein.

Je klarer die Haltung des Moderators ist, desto leichter ist die Orientierung für die Gruppe.

Wichtig ist dabei, zwischen Inhalt und Beziehung zu trennen. Während die Haltung den Inhalten gegenüber, von den Beteiligten als „neutral“ erlebt werden sollte, gilt es, den Menschen gegenüber bewusst eine „bedingungslos wertschätzende“ Haltung einzunehmen. Ziel ist es, nicht fachlich zu dominieren, sondern die beteiligten Menschen zu ermutigen und ihnen die inhaltliche Arbeit durch geeignete Kommunikations- und Moderationsmethoden zu erleichtern. Je klarer dabei die Haltung des Moderators ist, desto leichter ist die Orientierung für die Gruppe.

Ihr /Euer /Dein
Josef W. Seifert

© 2020 MODERATIO


* wenn hier von „Moderator“ oder „Berater“ die Rede ist, ist dies ausschließlich der leichteren Lesbarkeit geschuldet.

Corona Talk

Corona bewegt uns, den einen mehr, die andere weniger, niemanden gar nicht. Corona macht uns unsicher, kostet oft mehr Kraft als wir haben, saugt uns die Farbe aus dem Leben und die Liebe aus den Herzen, Corona erstickt unsere Kreativität und zerfetzt Beziehungen. Es soll nicht pathetisch klingen, aber Corona stellt neben unserem Intellekt und unserer Frustrationstoleranz vor allem, und ohne Gnade, unsere Liebesfähigkeit auf den Prüfstand. Und das sowohl privat als auch beruflich.

Das klingt im professionellen Kontext erst einmal befremdlich, doch mit Liebesfähigkeit ist hier nicht mehr und nicht weniger, als eine kompromisslos wohlwollende Haltung gemeint. Nur wenn es uns gelingt, eine Grundhaltung einzunehmen, die dieses Ideal zur Basis hat, kann es uns gelingen Gräben zu vermeiden oder gar, bereits entstandene, zuzuschütten.

Angst essen Seele auf

Corona macht Angst, versetzt Menschen in Panik. Nun kann man geteilter Meinung sein, wieviel von dieser Angst von den Medien „gemacht“ wird, wie valide die Daten sind, die die Regierung zu Maßnahmen veranlasst, die die einen für alternativlos halten, während andere die Verhältnismäßigkeit in Frage stellen. Fakt ist, es gibt einmal mehr, kaum gesichertes Wissen und das verunsichert Menschen zutiefst. Wir können evolutionsbedingt, ganz schlecht mit Unwägbarkeiten umgehen. Jeder ist – meist mehr unbewusst, als bewusst – ständig dabei, die Dinge um sich herum einzuordnen, um sich einigermaßen sicher fühlen zu können. Die Strategien der Datensammlung und Bewertung sind dabei individuell sehr unterschiedlich. Das ist im „normalen Leben“ schon schwierig genug, in Krisenzeiten aber extrem kompliziert und belastend.

Um nun auch im Krisenmodus sein Leben leben zu können, legt man sich, bewusst oder unbewusst, eine Strategie zurecht, die einem die Möglichkeit gibt, die bestehende Unsicherheit auszuhalten. Man bastelt sich eine persönliche Alltagstheorie, die die Dinge logisch einordnet und ein Gefühl gibt zu wissen, wie der Hase läuft, was richtig und was falsch ist. Wenn nun jemand gegen diese mühsam errungene, labile Sicherheit argumentiert, wird das als Bedrohung wahrgenommen, als Angriff. Je wackeliger das eigene Theoriegebäude ist, desto geringer ist die Standfestigkeit, die Frustrationstoleranz tendiert gegen Null.

Damit die eigene „Sicherheit“ nicht in Gefahr gerät, wird jede Äußerung eines anderen mit dem eigenen Meinungsseismographen gescanned und wenn die Äußerung des Gegenübers nicht der eigenen Sicht der Dinge entspricht, dann wird dieser „Angriff“ sofort abzuwehren versucht und dies gelingt im Eifer des Gefechts nicht unbedingt „gewaltfrei“. Ein friedliches, konstruktiv-lösungsorientiertes Reden darüber fällt in aller Regel schwer.

Bleibt die Frage: Wie geht man damit im Arbeitsleben um, wie kann ein Team diese Herausforderung meistern? Welche Strategien sind denkbar?

Kultur isst Strategie zum Frühstück

Für den Umgang mit der Krise, sollte ein Team eine Strategie haben um der, in weiten Teilen der Gesellschaft zu beobachtenden, Sprachlosigkeit und Verunsicherung entgegenzuwirken. Wichtig ist dabei, dass die Strategie von der Teamkultur getragen wird. Wenn die gelebte Teamkultur emotionale Nähe, Wertschätzung und Wohlwollen nicht zulässt, Meinungsvielfalt und Spannungen nicht aushält, wird eine Bewältigungsstrategie, die darauf setzt, scheitern. Die Teamstrategie muss daher für das Team – und idealerweise im Team – erfunden werden.

Die erste und vermutlich häufig gewählte Variante ist es, nach dem Motto zu verfahren: „Öffne nicht ein Fass, das du nicht öffnen musst!“. Solange das Team damit gut zurande kommt und sich keine Spannungen und Risse, Spitzen und Konflikte zeigen, die das Miteinander belasten oder gefährden, kann das so funktional sein. Die Strategie wurde dann durch Tun vorgeschlagen und nach der Regel: „Duldung wird als Zustimmung interpretiert!“ vereinbart. In aller Regel wurde dieses Verhalten nicht beschlossen, sondern ergibt sich aus der Verunsicherung „von selbst“.

Im Folgenden zwei mögliche Alternativen:

Strategie 1 „Non Talk“: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Ist Verunsicherung spürbar oder wird diese gar thematisiert, sollte das Thema aktiv angegangen werden.

Wenn die Teammitglieder versuchen, zu erspüren, wie die anderen coronamäßig „ticken“, um Verhaltenssicherheit zu gewinnen und zu wissen, wer sich vielleicht einen Austausch wünscht und wem es gar nicht recht wäre darauf angesprochen zu werden und das Klima von Unsicherheit im Umgang miteinander geprägt ist, dann sollte dies unbedingt angesprochen werden.

Um die Teammitglieder zu entlasten und den Teamspirit zu fördern, wäre es sinnvoll, diese Situation dadurch aufzulösen, dass sie im Team angesprochen wird. Ziel könnte sein, offiziell zu beschließen, Corona im Privaten zu lassen, so dass jede/r die Sicherheit hat, dass keine Stellungnahme erwartet wird und es für alle ok ist, dass man das Thema ausklammert.

Einzig die Anforderungen, die seitens Management und /oder ordnungspolitischer Entscheidungen auf das Team „durchschlagen“ sollten geklärt werden: „Wer klärt mit wem, was konkret von uns verlangt wird und wie die entsprechenden Anforderungen erfüllt werden können und erfüllt werden sollen und wie kommen diese Informationen ins Team?“

Lässt die Teamkultur Austausch zu oder fordert ihn sogar, könnte man einen moderierten „Corona-Talk“ einrichten, der Gelegenheit gibt, sich (regelmäßig) zur Thematik auszutauschen.

Strategie 2 „Corona Talk“: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold.

Soll im Team explizit über Corona, die individuelle Sicht auf die Dinge, das Miteinander im Team, über Erschwernisse, Ängste und Hoffnungen und über den Umgang damit, gesprochen werden, sollten Moderatoren / Facilitator, Regeln vereinbaren und im Dialog auf deren Einhaltung achten.

Wichtig ist dabei die Unterscheidung, zwischen der Beurteilung der Situation mit den aktuellen ordnungspolitischen Maßnahmen, die auf die Arbeitssituation des Teams mehr oder weniger stark einwirken und der persönlichen Situation, in der sich der Einzelne (ganz unabhängig von der individuellen Beurteilung) befindet. Fragen, wie die Einschätzung der Gefährlichkeit der Situation, die Bewertung der Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen, Maske, Impfung usw. sind die eine Seite der Medaille, die andere Seite ist die, wie es mir persönlich mit der Situation geht.

Ein Moderationsansatz der sich für diesen „Corona-Talk“ gut eignet ist Dynamic Facilitation. Der Kern der Methode besteht darin, dass der Facilitator, die Moderatorin, vor versammelter Mannschaft, Einzelgespräche mit den Teilnehmenden führt. Er /sie „zwingt“ dadurch die Gruppe dazu, dass jeder jedem solange zuhört, bis diese/r alles gesagt hat, was er /sie zum Thema zu sagen hat. Der Facilitator „interviewt“ dazu jeden Teilnehmer zur eingangs definierten Fragestellung. In diesem Fall müssen die Antworten nicht sichtbar gehalten werden.

Ziel ist es in diesem Falle nicht, Einigkeit darüber zu erzielen, wie dieses oder jenes zu sehen ist, Gleichklang herzustellen oder Maßnahmen zu formulieren. Sinn und Zweck ist Austausch um Unsicherheit zu minimieren, verstärktes Verständnis für einander zu schaffen um letztlich psychische und soziale Entlastung zu erreichen, den Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit zu stärken.

Der Boden aus dem ein fruchtbarer Dialog erwachsen kann, ist die eingangs erwähnte „Liebesfähigkeit“, die Haltung, die Bereitschaft also, zu absichtlich kompromisslosem Wohlwollen. Vielleicht ist ein „Corona Talk“ dann die beste Chance zur Entwicklung einer entsprechenden Grundhaltung: Kulturentwicklung by Corona!?

Ihr /Euer /Dein
Josef W. Seifert


© 2021 MODERATIO

Reifezeit: Wie Konflikte entstehen

Konflikte lassen sich nicht dauerhaft ignorieren, das liegt in der Natur der Sache und verschwinden, verschwinden tun sie von alleine auch nicht. Konflikte zu klären kostet Kraft, Zeit und Geld. Sie zu ignorieren kostet Chancen, Lebensfreude und Lebenszeit. Und all zu oft noch deutlich mehr … Wie aber entstehen Konflikte eigentlich und was kann Konfliktmoderation zu ihrer Lösung beitragen?

In aller Regel haben Konflikte eine Historie, die Sache „schaukelt sich hoch“, es wird mit der Zeit „immer schlimmer“ … Friedrich Glasl hat diesen Prozess als „Treppe in den Abgrund“ bezeichnet und in neuen Stufen unterteilt.

Die Beziehung zwischen den Konfliktparteien verhärtet und führt über das „Abreißen“ der Beziehung und die Unfähigkeit noch konstruktiv miteinander umzugehen bis zum Willen den anderen zu vernichten und sei es um den Preis, der eigenen Existenz.

Die „Treppe in den Abgrund“ (vgl. Glasl, Konfliktmanagement)


Die Beziehung zwischen den Konfliktparteien verhärtet und führt über das „Abreißen“ der Beziehung und die Unfähigkeit noch konstruktiv miteinander umzugehen bis zum Willen den anderen zu vernichten und sei es um den Preis, der eigenen Existenz.

Auch wenn man den Faden nicht ganz so fein spinnt neun Eskalationsstufen zu unterscheiden und von spontanen Stressreaktionen nach dem „Strickmuster“ Autofahrer A beschimpft Autofahrer B, weil dieser ihm den Parkplatz weggeschnappt hat, absieht, bleibt die Tatsache, dass Konflikte nicht im Augenblick entstehen, sondern eine Historie haben. Es kam „irgendwie“, niemand weiß konkret zu sagen, wie genau das entstanden ist, was jetzt ist und wenn, dann ist es eine höchst subjektive Sicht der Dinge. Es wird immer eine Diskussion darüber geben können, ob nun die Henne zuerst war, oder doch das Ei.

Für die Konfliktklärung ergibt es daher weder Sinn, noch ist es erforderlich, diese Historie, wie Perlen auf der Schnur, aufzureihen. Wichtig ist einzig, zu wissen, ob mit einer Intervention durch einen (externen) Moderator mit Kanonen auf Spatzen geschossen würde oder, im anderen Extrem, die Situation schon derart verfahren ist, dass man keinen Blumentopf mehr gewinnen kann oder die Situation „irgendwo dazwischen“ angesiedelt ist und ein Versuch zur Klärung angezeigt ist.

Zur Orientierung für die Praxis der Konfliktmoderation, schlage ich ein pragmatisches, dreistufiges Modell, das „ABC-Modell der Konfliktgenese“ vor:

Stufe A: Irritation / Verärgerung

Situation: Marotten oder Typunterschiede verursachen Irritationen, die aber geschluckt werden, weil die „Beziehungs-Bilanz“ aufgeht. Die Beziehung ist unbelastet von sonstigen Stressfaktoren, wie Geldsorgen, Arbeitsüberlastung, Zeitdruck …

Missverständnisse oder Kommunikations-Tollpatschigkeiten werden durch Wohlwollen abgefedert.

Interpretation: Verletzungen durch den anderen werden als stressbedingte Fehltritte oder Handlungen aus Gedankenlosigkeit, aus Hilflosigkeit der Situation gegenüber oder Unwissenheit interpretiert.

Missklänge werden beim Kaffee oder beim sprichwörtlichen Bier angesprochen und ausgeräumt, indem man sich „ausspricht“. Oder es platzt einem der Kragen und man führt ein „Grundsatzgespräch“ …

Intervention: Das kollegiale Gespräch und das klassische Mitarbeitergespräch sind hier die adäquaten Interventionswerkzeuge. Ein Moderator/Teamcoach kann hinzugezogen werden um das Gespräch zu moderieren.

Stufe B: Verletzung

Situation: Aufgestaute „Minitraumen“  führen dazu, dass die Konfliktparteien Verletzungen der anderen Partei zulassen oder gar fördern, etwa, dass diese bei Kollegen, Vorgesetzen, Kunden … „schlecht dasteht“. Wenn der andere „sein Gesicht verliert“, so ist dies ein kleiner Sieg. Die Verletzungen werden unter den Teppich gekehrt und nicht mehr bereinigt. Die Beziehung wird schlechter, das Konfliktpotential wächst.

Interpretation: Verletzungen durch den anderen werden als Dummheit, Frechheit oder auch Rücksichtslosigkeit des anderen interpretiert. Es wird „böse Absicht“ für möglich gehalten: „So blöd kann der/die doch gar nicht sein!“

Intervention: Das offene Gespräch „unter Kollegen“ ist nicht mehr möglich. Die Situation verhärtet sich oder es werden laufend weitere Verletzungen produziert. Ein Mitarbeitergespräch bringt bestenfalls keine weitere Verschlimmerung. Ein Konfliktmoderator /Teamcoach kann das Gespräch moderieren und die Chance, dass eine Klärung gelingen kann, ist groß.

Stufe C: Hass

Situation: Verletzungen durch den anderen werden als absichtlich herbeigeführte Provokation des anderen interpretiert. Der direkte Kontakt wird vermieden. Wenn kommuniziert wird, dann über Dritte, wie Personalrat und/oder Rechtsanwalt. Die Parteien versuchen einander Schaden zuzufügen und sei es, unter Hinnahme eigener Nachteile. Ein Schaden, bei dem man selbst mit weniger Verlust herauskommt als die Gegenpartei, wird als Gewinn gewertet …

Interpretation: Die Parteien unterstellen sich Böswilligkeit. Dass die andere Seite (noch) menschliche Qualitäten haben könnte, wie die Fähigkeit Fehler einzugestehen, Fehler zu verzeihen, dem andern um des Menschseins willen mit Wohlwollen zu begegnen, ihn zu respektieren und anzunehmen … sind außerhalb der Vorstellungskraft. Man unterstellt einander, dass bei einem Treffen nur weitere Verletzungen entstehen würden, da die andere Seite zu einem konstruktiven Dialog  weder willens noch in der Lage ist.

Intervention: Ein Gespräch unter der Leitung eines  Moderators/Teamcoaches hat – so weit es überhaupt realisierbar wäre – kaum eine Chance auf eine Klärung der Situation. Allein eine Trennung der Konfliktparteien kann den „Betriebsfrieden“ wieder herstellen. Wenn nicht eine der Parteien „die Flucht ergreift“, bleibt letztlich nur ein Machteingriff, der die Trennung der Konfliktparteien zum Ziel und zur Folge hat. Für diese Konfliktparteien bedeutet dies weder Klärung noch Heilung, aber für das Team ist ein Neubeginn möglich.

Auf den Punkt gebracht:

  • Konflikte basieren auf Beziehungsverletzungen. Ohne Beziehungsverletzung kein Konflikt.

  • Die zentrale Aufgabe der Konfliktklärung kann nur darin bestehen, Heilungsraum für verletzte Beziehungsstrukturen zu schaffen.

  • Ob ein Konflikt mit den Möglichkeiten der Konfliktmoderation bearbeitet werden sollte / kann, hängt von der Tiefe der bestehenden Verletzungen ab.

Professionelle Konfliktmoderation in Anspruch zu nehmen ist nicht immer erforderlich aber meist äußerst hilfreich.

***

Quelle: Josef W. Seifert, „Konfliktmoderation“, Gabal Verlag

Konfliktmoderation lernen: http://mkm-online.moderatio.com


© 2021, Josef W. Seifert, MODERATIO

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Systemische Moderation

So etabliert der Begriff „systemisch“ heute im Bereich Therapie, Coaching und Organisationsberatung allgemein ist, so wenig findet er sich in der Moderation wieder, zumindest nicht explizit. Was aber bedeutet „systemisch“ für Moderation? In diesem Beitrag sind die wesentlichen Aspekte skizziert.

Das Systemische an der systemischen Moderation  

Für eine systemische Betrachtung von Moderation ist es wichtig, sich zunächst bewusst zu machen, dass es ein „soziales System“ real nicht gibt. Es ist kein „Ding“, das man auf einen Tisch stellen könnte oder, wie Heinz von Förster es ausdrückte: „You can never kiss a system“.

Reale Phänomene im Miteinander als „System“ zu definieren und so zu tun „als ob“ es ein System gäbe, ist lediglich ein „Denkzeug“, eine Hilfskonstruktion des Geistes, um mit der unendlichen Komplexität der Realität (besser) zurechtzukommen und (sich) Phänomene erklären zu können, die sich aus den Eigenschaften der Elemente allein, nicht erklären lassen. Dabei geht es nicht um die „harte Realität“ trivialer, mechanischer Systeme wie Maschinen, deren Funktionsweise sich durchschauen lässt, sondern um die „weiche Realität“ der Kommunikations- und Interaktionsphänomene zwischen Menschen. Diese Phänomene kann man nicht verstehen und steuern, wie eine triviale Maschine. Kommunikationsprozesse zu betrachten ist etwas anderes als einen Gegenstand zu betrachten oder um es mit den Worten von Gregory Bateson zu sagen: „Es macht einen Unterschied, ob man gegen einen Stein tritt oder gegen einen Hund.“

Im „Beratungsbereich Businessmoderation“ bedeutet systemisches Denken und Arbeiten, dass man Organisationen und Organisationseinheiten, Arbeitsteams und Projektgruppen, als soziale Systeme betrachtet, also als etwas Ganzes, das aus Elementen besteht, die miteinander in Beziehung stehen.   

Dabei ist es für die Praxis der Moderation / Facilitation wichtig zu wissen, ob der Mensch (in der Tradition von Bateson /Watzlawick) Element des Systems sein soll oder (in der Tradition von Niklas Luhmann) nicht Element des Systems ist, sondern zur Umwelt des Systems gehört. Während man aus soziologischer Sicht mit Luhmann sagen kann: „Der Mensch interessiert mich nicht!“ („Was tun, Herr Luhmann?“, S. 10), macht diese Betrachtungsweise für einen Pädagogen und Moderationspraktiker, aus sozialwissenschaftlicher Sicht, eher weniger Sinn. Interessanter (und aus meiner Sicht hilfreicher für Moderation /Facilitation) sind daher die Ansätze von Jürgen Kriz (Personzentrierte Systemtheorie) und Eckard König (Personale Systemtheorie). Dazu gibt es reichlich Lesestoff, der an dieser Stelle nicht wiedergekäut werden soll. Vielmehr liegt mir eine praxistaugliche Betrachtung von /für Moderation am Herzen, die uns im Moderationsalltag hilft, einen „vernünftigen Job“ zu machen.

Das soziale System

Für eine systemische Betrachtung von Moderation sind als „konstituierende Dimensionen“ die Aspekte zu beleuchten, die soziale Systeme grundsätzlich kennzeichnen. Auch wenn das nicht für jede der systemtheoretischen „Schulen“ gilt, so hat es sich doch in der Praxis bewährt, für Moderation im Kern die Dimensionen Personen und Regeln sowie Raum und Zeit zu nutzen.

Personen und Regeln

Personen

Betrachten wir Personen im Kontext von Moderation, so können wir drei Arten von Systemen unterscheiden:

Personen (biologische Systeme), mit ihren individuellen Lebenserfahrungen, Wünschen, Hoffnungen und Intensionen, mit ihren Vorlieben und Mustern zur Deutung von Wirklichkeit sind auch psychische Systeme (siehe auch „Konfliktmoderation und die Sache mit der Angst„). Sie sind zentrale Komponenten sozialer Systeme, sie sind die Träger der Kommunikation, die das System prägen. Sie erzeugen subjektive Wirklichkeiten, die über Feedbackschleifen „zirkulär“ auf sie selbst zurück wirken. Sie sind „Erzeuger“ und „Bewohner“ des Systems, Täter und Opfer zugleich.

Je mehr Menschen in eine Veränderung und Moderation einbezogen werden sollen oder müssen, desto komplexer und komplizierter wird die zu bewältigende Aufgabe. Komplexitätsreduktion wird zur zentralen Herausforderung.

Regeln

Das Miteinander in sozialen Systemen wird durch Regeln gestaltet. Regeln, die zwischen den Personen gelten, sind die Koppelungen der Elemente des Systems. Sie bestimmen, mehr als die Eigenschaften der Elemente selbst, wie das System „tickt“. Besteht ein System längere Zeit, entstehen – durch wiederkehrende Abfolgen von regelgeleitetem Verhalten – systemtypische Kommunikationsmuster, „Fingerabdrücke des Systems“. Diese sind zentrale Merkmale der Organisationskultur.

Regeln sind der Klebstoff, der soziale Systeme zusammenhält. Der größte Teil ist nicht bewusst und nur zu einem sehr geringeren Teil (beispielsweiese als Führungsgrundsätze) dokumentiert. Wie bei einem Eisberg, ist der größte Teil unter der Oberfläche. Es kann erforderlich, zumindest aber sinnvoll sein, Regeln zu identifizieren und Dysfunktionalitäten offen zu legen, um diese verändern zu können.

Raum und Zeit

Raum

Für das Arbeiten „mit einem System“ muss das System durch Abgrenzung „erfunden“ werden. Die Grenzziehung geschieht zweckgebunden und zweckdienlich. Ein System gibt es nur, wenn man es definiert, wenn man also einen Unterschied macht, zwischen dem, was als zum System gehörig gesehen wird und dem, was als nicht zum System gehörig betrachtet werden soll. Was ist drinnen und gehört zum System und was ist draußen und gehört zur Umwelt des Systems. Und was von dem, was zur Umwelt gehört, ist bezüglich der Zielsetzung relevant und muss deshalb, für eine Beratung und/oder Moderation, in die Betrachtung einbezogen werden?

Für die Grenzziehung gilt für Moderation /Facilitation grundsätzlich der Grundsatz „So wenig Teilnehmende wie möglich und soviel als nötig!“. Dies kann dennoch bedeuten, dass die einzubeziehenden Personen viele sind und räumlich an den unterschiedlichsten Orten beheimatet sind. 

Zeit

Eine Handlung ist immer nur im Kontext verstehbar. Stellt man eine Handlung in einen anderen Kontext, ergibt sich ein anderer Sinn. Wenn in einem System dessen Historie eine Rolle spielt (und das tut sie praktisch immer), dann ist eine aktuelle Handlung nicht verstehbar, ohne den „historischen Kontext“ zu kennen.

Zudem ist das Erleben eines stabilen Zustandes in einem System, eine komplexitätsreduzierende Illusion. Es ist ein „Systemparadoxon“, dass Stabilität in einer Organisation /einem Team, durch ständiges daran Arbeiten entsteht: Stabilität ist also nicht Stillstand, sondern entsteht durch Aktivität. Wenn „Probleme“ von Dauer sind, wird ständig aktiv etwas dafür getan, dass es sie gibt. Und, es gibt einen guten Grund für ihre Existenz, sie stiften einen – vielleicht auf den ersten Blick nicht ersichtlichen – Nutzen!

Je agiler also wendiger und lebendiger ein soziales System ist, desto schwieriger ist es, die Historie eines aktuellen Zustandes zu erfassen und für eine Prozessberatung und Moderation zu nutzen. Im Sinne lösungsorientieren Arbeitens ist es auch nicht immer erforderlich die Vergangenheit (ganz und gar) zu verstehen …

Das Moderationssystem

Jede Moderation beginnt mit einem „Schritt 0“, der Situations- und Auftragsklärung. Hier müssen vor allem die Aspekte Anlass, Ziel und Abgrenzung des Systems geklärt werden. Im Einzelnen:

Anlass

Worin wird der Anlass gesehen, dass eine Moderation erforderlich ist? Durch welche Entwicklung, welches Ereignis, ist die Idee entstanden, dass da „etwas getan“ werden muss?

 

Ziel

Was konkret soll erreicht werden? Wer möchte das, wer nicht und wer möchte das, was er möchte, um damit konkret was zu erreichen? Dabei ist das Wozu wichtiger, als das Warum. Gab es schon Versuche, das Problem zu lösen, das Ziel zu erreichen? Welche? Wie liefen diese ab, wie gingen sie aus? Usw.

 

System

Zur Abgrenzung des Systems, mit dem gearbeitet werden soll, ist es wichtig zu klären, wer zur Themenbearbeitung erforderlich ist. Es muss ein sinnvolles, zweckdienliches System definiert werden. Was gehört zum System, was nicht? Was ist „drinnen“, was ist „draußen“? Was gehört zur „relevanten Umwelt“, was/wer ist (jetzt) nicht relevant? Zum Systemischen an der Moderation gehört auch, dass man es in der Moderationssituation grundsätzlich mit zwei sich überlappenden Systemen zu tun hat. Einerseits mit dem Arbeits- oder „Heimatsystem“ aus dem die Teilnehmer kommen und andererseits dem „Beratungssystem“, der Moderationssituation mit dem Moderator.

Situations- und Auftragsklärung: Die Wirklichkeit – was immer das auch sein mag – können wir nicht erfassen. Situations- und Auftragsklärung kann daher nur dem Bilden von Arbeitshypothesen dienen die geeignet erscheinen, das soziale System durch Moderation (im Sinne von Prozessberatung), also durch die Gestaltung von Kommunikation mittels maßgeschneidertem Moderationsdesign, anzuregen sein „Problem“ zu lösen. Moderator*innen können nur als Facilitator helfen, die Problemlösung zu ermöglichen.

Josef W. Seifert


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© 2020 MODERATIO  –  Seifert & Partner Unternehmensberater

Stress mit dem Zeitplan

Eine Schlüsselkompetenz in der Moderation: den Zeitplan halten. Auch, wenn nicht immer alle mitmachen wollen…

Seit neuerdings ganz viele Events online stattfinden, gewinnt das Thema Zeitmanagement zusätzlich an Brisanz. Denn: das Online-Publikum verzeiht keine Verzögerungen oder Unpünktlichkeit. Zu groß ist die Gefahr, dass die Aufmerksamkeit woanders hingeht oder Verstimmungen entstehen.

Aber Vortragende einfach zu unterbrechen ist auch nicht elegant. Das ist immer unangenehm – für beide. Und auch nicht Jede/r lässt das so einfach mit sich machen. Daher suchte ich nach Wegen, die diese Gefahr schon im Vorfeld eindämmen. Mit Wertschätzung und auf Augenhöhe. Im Sinne aller Beteiligten und einer gelungenen Veranstaltung

Hier ein paar Tipps, die mir seither geholfen haben und euch Stress ersparen können:

Die halbe Miete: Das Briefing davor

Die Speaker müssen natürlich über ihre Redezeit gebrieft werden – soweit so klar. Wenn ich für das Zeitmanagement verantwortlich bin, lass ich es mir nicht nehmen, das selbst zu tun. Ich kontaktiere die Personen bereits einige Tage vor dem Event per E-Mail, stelle mich vor und biete mich auch für ein kurzes Telefonat an. Hier betone ich auch, wie wichtig das Einhalten der Zeit für das gemeinsame Gelingen der Veranstaltung ist. 

Gemeinsam meistern

Je mehr das Zeitmanagement als eine gemeinsame Aufgabe verstanden wird, desto eher kann ich die Speaker_innen dafür gewinnen, mit mir an einem Strang zu ziehen. Das kann in etwa so klingen:

„Bitte geben Sie mir gerne eine Anweisung, wie ich Sie bei Ihrem Zeitmanagement unterstützen kann, zum Beispiel durch ein Signal.“

Auch Formulierungen, die an die Fairness appellieren, sind hilfreich:

„Sie können sich darauf verlassen, dass Sie Ihre volle Redezeit von XX Minuten zur Verfügung haben. Bitte helfen Sie Ihrerseits mit, dass auch die anderen Vortragenden ihre volle Zeit bekommen.“

Knapp vor dem Start: die letzte Chance

Selbst wenn das Briefing vorher gut und klar war: Es lohnt sich, das Thema auch unmittelbar vor dem Event noch einmal aufzugreifen. Beispielsweise als Frage formuliert:

„Wir hatten bereits über den zeitlichen Ablauf gesprochen. Ihr zeitlicher Rahmen ist auf XX Minuten festgelegt – passt das nach wie vor für Sie?“

Solcherart angesprochen wird nochmal deutlich: das Einhalten des Zeitplans ist wichtig. Macht deutlich, dass ihr euch etwa zwei-drei Minuten vor dem Ende des Slots „bemerkbar“ machen werdet. Zum Beispiel in dem ihr euch wieder der Bühne nähert (Live-Veranstaltung) oder indem ihr ein Signal per Chat sendet (Online-Event).

All diese Maßnahmen sensibilisieren Speaker auf die Bedeutung des Zeitmanagements und schützen euch davor, unterbrechen zu müssen.  

Wenn’s läuft, dann läuft’s: im Event

Vertraut mir: Wenn ihr gut vorbereitet mit dem Thema Zeitmanagement umgegangen seid, sinkt die Wahrscheinlichkeit der Redezeitüberschreitung deutlich.

Im laufenden Event könnt ihr durch die eben erwähnten Signale die Aufmerksamkeit darauf lenken – sofern ihr sie vorher vereinbart habt (!). In Online-Event haben wir noch einen Vorteil: Der/Die ModeratorIn kann zum Ende der Redezeit wieder sichtbar gemacht werden (Videofenster wird eingeblendet) – ein klares und dennoch höfliches Signal zum Ende zu kommen.

Wenn dennoch alle Stricke reißen und einer der Vortragenden hat am Ende der Redezeit noch viel Rede übrig, ist das Unvermeidliche gefordert: Ihr müsst einschreiten!

„Sanft“ unterbrechen? Geht!

Jetzt liegt es an euch, würdevoll damit umzugehen. Besonders bewährt hat sich in meiner Arbeit die Unterbrechung mit einer Frage:

„Weil wir mit dem Zeitplan schon recht weit fortgeschritten sind, lassen Sie mich eine letzte Frage an Sie richten – mit der Bitte um eine kurze Antwort: …“ oder:

„Wie würden Sie denn abschließend Ihre Botschaft in 2 oder 3 Sätzen zusammenfassen?“

Oder ihr versucht es mit einer geschlossenen Frageform:

„Verstehe ich Sie richtig, Ihre Botschaft lautet also …“

Dieser Fragetyp hat den Vorteil, dass die Antwort eher kurz ausfallen muss und der Vortragende dann zügig abmoderiert werden kann.

Mein Fazit

Auf Redezeitüberschreitungen nicht zu reagieren, ist in der Moderation leider keine Option. Mit einer guten Vorbereitung und ein wenig Fingerspitzengefühl kommt ihr aber erst gar nicht dorthin. 

Ich wünsche euch kraftvolle Moderationen mit viel Souveränität auch in heiklen Situationen. Wenn ihr konkrete Fragen oder Wünsche habt, schreibt mir bitte. Gerne berücksichtige ich euer Feedback in den kommenden Beiträgen.

Bettina Kerschbaumer-Schramek ist Moderatorin, Moderationstrainerin und Auftrittscoach. Sie ist Partnerin von MODERATIO und begleitet seit 15 Jahren Kongresse, Podiumsdiskussionen, BarCamps & Co. Live und online. Und Menschen, die selbst moderieren wollen.


© 2020 MODERATIO

Maximal 2 Punkte je Thema

Ein Facilitator-Grundsatz lautet: Abstimmen ist eine Notlösung. Moderator*innen sind Anwälte des Dialogs und des Konsens, Begegnung ist Trumpf. Nur, wenn eine Entscheidung von so vielen Menschen getroffen werden soll oder muss, dass diese nicht direkt miteinander diskutieren und um einen Konsens ringen können, ist Abstimmung das Mittel der Wahl. In allen anderen Fällen ist Abstimmung eine Notlösung.

Im Rahmen einer Großgruppenmoderation mit (deutlich) mehr als zwanzig Menschen, ist es nicht möglich, dass jeder mit jedem Argumente austauscht. Und nicht in jedem Workshop, in dem dies zahlenmäßig möglich ist, gelingt es für jede zu treffende Entscheidung Konsens zu erreichen.

Wenn es erforderlich ist eine Abstimmung durchzuführen, kann eine „harte Abstimmung“ vorgenommen werden, das bedeutet, dass die einfache Mehrheit entscheidet. Oder es wird eine „weiche Abstimmung“ durchgeführt. Dafür stehen diverse Moderationsmethoden zur Verfügung, von Delegation über Paarvergleich bis Kooperativer Konsens und Soziokratie /Konsent (vgl. etwa Selbstorganisation und Entscheidung).

Punkten

Die klassische Entscheidungmethode der Businessmoderation ist das sogenannte Punkten. Unterschieden werden dabei die Einpunkt-Abfrage und die Mehrpunkt-Abfrage.

Einpunkt-Abfrage
Bei der Einpunktabfrage beantwortet jeder Teilnehmende eine Frage durch kleben eines Punktes, der klassische Anwendungsfall ist das „Blitzlicht“. Dieses wird in aller Regel am Anfang und am Ende einer Veranstaltung angeboten. Da es hier meist um die Mitteilung von Gefühlen geht, gibt es kein entweder oder. Wenn der|die Einzelne seinen Punkt auf einer Ratingskala, wie etwa: „Ich habe mich auf dieses Treffen gefreut: sehr – etwas – kaum“ oder „Ich fühle mich zum heutigen Thema informiert: perfekt – so lala – schlecht“ klebt, trifft er|sie damit keine Entscheidung, sondern informiert alle anderen über den eigenen, aktuellen Stand.

Mehrpunkt-Abfrage
Der Klassiker der Anwendung der Mehrpunktabfrage ist der Schritt 3 des Moderationszyklus. Hier wird die Bearbeitungsreihenfolge der zu bearbeitenden Themen festgelegt. Das geht leicht und schnell, wenn jede|r einen Punkt auf die Themen-Liste klebt. Die Teilnehmenden werden gebeten, die gewünschte Bearbeitungsreihenfolge dadurch festzulegen, dass jede|r durch Kleben von Punkten die Themen kennzeichnet, die er|sie vorrangig bearbeiten möchte. Jede|r bekommt zu diesem Zweck halb so viele Punkte, wie Themen zur Wahl stehen und wählt dann mehr als nur ein Thema. Eine „Totalablehnung“, wie es bei einer einfachen Mehrheitswahl der Fall wäre, gibt es nicht. Jede|r findet sich im Abstimmungsergebnis wieder.

Wichtig: Der Effekt der weichen Abstimmung kommt durch die Punktungsregel zustande, die da lautet: Maximal 2 Punkte je Thema.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

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Es werde Licht

Die Welt ist eine Bühne – und die Online-Welt offenbar nochmal viel mehr. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass ich meinen Schreibtisch mit Kamera, Licht und Ton ausstatten muss, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Ist jetzt aber so. Und hat ja auch viel Gutes.

Eines der wichtigsten Learnings meiner letzten Monate ist: Präsenz ist gerade im Online-Setting ein echtes Thema. Ob im virtuellen Meeting oder im Online-Event: Wie du auf andere wirkst, spielt definitiv eine Rolle. Die gute Nachricht: Du hast es großteils selbst in der Hand.

Sprache, Körpersprache und auch Stimme sind dabei wichtige Player – das ist klar. Im Online-Setting kommt noch ein ganz entscheidender Faktor dazu: die Inszenierung Deines Videobildes.

Da ich in den letzten Monaten ganz oft vor die Web-Kamera musste, habe ich mich mit diesem Thema mal intensiv auseinandergesetzt. Hier, was ich dabei gelernt habe: 

Goldrichtig: das Tageslicht

Gutes Licht schmeichelt jedem Gesicht und macht Dich gut „sichtbar“. Das ist kein großes Geheimnis. Aber was ist „gutes Licht“ und wie kriegt man das im (Home)-Office hin? Einfacher als gedacht: denn das beste Licht ist das Tageslicht. Also halte Ausschau nach deinen natürlichen Lichtquellen. Wo hast du in deiner Umgebung ein Fenster oder vielleicht eine Glaswand, die viel Licht hereinlässt? Achte darauf, ob du dich so setzen kannst, dass das Tageslicht von vorne auf dein Gesicht trifft.

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Hier ein Screenshot mit dem Gesicht zum Tageslicht

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Das selbe Setting, das Gesicht nur ganz leicht aus dem Licht herausgedreht.

Mehr Licht? Bitte sehr!

Als Ergänzung oder Alternative bieten sich softe Schreibtischlampen oder Ringlichter an. Ringlichter haben den großen Vorteil, dass sie das Gesicht direkt und voll ausleuchten und dabei nicht blenden.

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Hier das selbe Setting wie auf dem Bild zuvor – mit Ringlicht ausgeleuchtet

Wenn du eine externe Webcam hast, kannst du die sogar in die Mitte des Ringlichtes platzieren. Dafür gibt es eigene Halterungen. Sprich mich gerne auf Details an!

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Ringlicht mit Stativ und Halterung für die Webcam. Die Kamera ist in diesem Fall gut auf Augenhöhe ausgerichtet (siehe nächste Headline)

Auge in Auge

Einander auf Augenhöhe begegnen – in der visuellen Online-Kommunikation ist das wortwörtlich zu nehmen. Meiner Meinung nach wird die Ausrichtung der Kamera in dieser Hinsicht völlig unterschätzt. Perfekt ist es, wenn du deine Kamera auf Höhe deiner Augen einstellst, denn dann sprichst du auch „auf Augenhöhe“ mit deinem Publikum. Umgekehrt wirst du „von oben herab“ erlebt, wenn deine Kamera zu weit unten platziert ist. Und das Gegenteil – die „Vogelperspektive“, also wenn du von unten in die Kamera schaust – macht dich kleiner als du bist.

Mein Tipp: Stelle Dein Notebook einfach auf ein paar Bücher oder deine externe Webcam auf ein Stativ. Der Unterschied ist erstaunlich!

Blick in die Kamera

Apropos „Augenhöhe“: Dazu gehört auch der Blickkontakt. Der nämlich wird von deinem Gesprächspartner nur dann auch so empfunden, wenn Du direkt in deine Kamera schaust. Zugegeben: das ist ein bisschen spooky. Denn dazu musst Du in das schwarze Loch deiner Webcam sprechen. Mein Tipp: mach es Dir zur Gewohnheit, zumindest alle paar Minuten Dein Publikum ganz direkt und offen anzuschauen – also direkt mit deiner Kamera zu sprechen. Es hat eine massive Auswirkung darauf, wie Du ankommst.

Der richtige Rahmen

Zu guter Letzt noch eine persönliche Erfahrung, die ich mit dir teilen möchte: Ich merke, dass ich Menschen vor einem „turbulenten“ Hintergrund deutlich schwächer wahrnehme, als vor einem ruhigen Hintergrund. Anders gesagt: je mehr der Hintergrund von dir ablenkt, desto schwächer wird deine Wirkung im Vordergrund. Platziere dich daher im Idealfall möglichst nicht vor einem vollen Bücherregal sondern vor einem dezenten, möglichst einfärbigen Hintergrund

Ich wünsche euch kraft- und wirkungsvolle Online-Auftritte. Ich freue mich jetzt schon auf eure konkreten Fragen, Wünsche oder Kommentare. Gerne berücksichtige ich euer Feedback in den kommenden Beiträgen.

Bettina Kerschbaumer-Schramek ist Moderatorin, Moderationstrainerin und Auftrittscoach. Sie ist Partnerin von MODERATIO und begleitet seit 15 Jahren Kongresse, Podiumsdiskussionen, BarCamps & Co. Live und online. Und Menschen, die selbst moderieren wollen.


© 2020 MODERATIO