Stress mit dem Zeitplan

Eine Schlüsselkompetenz in der Moderation: den Zeitplan halten. Auch, wenn nicht immer alle mitmachen wollen…

Seit neuerdings ganz viele Events online stattfinden, gewinnt das Thema Zeitmanagement zusätzlich an Brisanz. Denn: das Online-Publikum verzeiht keine Verzögerungen oder Unpünktlichkeit. Zu groß ist die Gefahr, dass die Aufmerksamkeit woanders hingeht oder Verstimmungen entstehen.

Aber Vortragende einfach zu unterbrechen ist auch nicht elegant. Das ist immer unangenehm – für beide. Und auch nicht Jede/r lässt das so einfach mit sich machen. Daher suchte ich nach Wegen, die diese Gefahr schon im Vorfeld eindämmen. Mit Wertschätzung und auf Augenhöhe. Im Sinne aller Beteiligten und einer gelungenen Veranstaltung

Hier ein paar Tipps, die mir seither geholfen haben und euch Stress ersparen können:

Die halbe Miete: Das Briefing davor

Die Speaker müssen natürlich über ihre Redezeit gebrieft werden – soweit so klar. Wenn ich für das Zeitmanagement verantwortlich bin, lass ich es mir nicht nehmen, das selbst zu tun. Ich kontaktiere die Personen bereits einige Tage vor dem Event per E-Mail, stelle mich vor und biete mich auch für ein kurzes Telefonat an. Hier betone ich auch, wie wichtig das Einhalten der Zeit für das gemeinsame Gelingen der Veranstaltung ist. 

Gemeinsam meistern

Je mehr das Zeitmanagement als eine gemeinsame Aufgabe verstanden wird, desto eher kann ich die Speaker_innen dafür gewinnen, mit mir an einem Strang zu ziehen. Das kann in etwa so klingen:

„Bitte geben Sie mir gerne eine Anweisung, wie ich Sie bei Ihrem Zeitmanagement unterstützen kann, zum Beispiel durch ein Signal.“

Auch Formulierungen, die an die Fairness appellieren, sind hilfreich:

„Sie können sich darauf verlassen, dass Sie Ihre volle Redezeit von XX Minuten zur Verfügung haben. Bitte helfen Sie Ihrerseits mit, dass auch die anderen Vortragenden ihre volle Zeit bekommen.“

Knapp vor dem Start: die letzte Chance

Selbst wenn das Briefing vorher gut und klar war: Es lohnt sich, das Thema auch unmittelbar vor dem Event noch einmal aufzugreifen. Beispielsweise als Frage formuliert:

„Wir hatten bereits über den zeitlichen Ablauf gesprochen. Ihr zeitlicher Rahmen ist auf XX Minuten festgelegt – passt das nach wie vor für Sie?“

Solcherart angesprochen wird nochmal deutlich: das Einhalten des Zeitplans ist wichtig. Macht deutlich, dass ihr euch etwa zwei-drei Minuten vor dem Ende des Slots „bemerkbar“ machen werdet. Zum Beispiel in dem ihr euch wieder der Bühne nähert (Live-Veranstaltung) oder indem ihr ein Signal per Chat sendet (Online-Event).

All diese Maßnahmen sensibilisieren Speaker auf die Bedeutung des Zeitmanagements und schützen euch davor, unterbrechen zu müssen.  

Wenn’s läuft, dann läuft’s: im Event

Vertraut mir: Wenn ihr gut vorbereitet mit dem Thema Zeitmanagement umgegangen seid, sinkt die Wahrscheinlichkeit der Redezeitüberschreitung deutlich.

Im laufenden Event könnt ihr durch die eben erwähnten Signale die Aufmerksamkeit darauf lenken – sofern ihr sie vorher vereinbart habt (!). In Online-Event haben wir noch einen Vorteil: Der/Die ModeratorIn kann zum Ende der Redezeit wieder sichtbar gemacht werden (Videofenster wird eingeblendet) – ein klares und dennoch höfliches Signal zum Ende zu kommen.

Wenn dennoch alle Stricke reißen und einer der Vortragenden hat am Ende der Redezeit noch viel Rede übrig, ist das Unvermeidliche gefordert: Ihr müsst einschreiten!

„Sanft“ unterbrechen? Geht!

Jetzt liegt es an euch, würdevoll damit umzugehen. Besonders bewährt hat sich in meiner Arbeit die Unterbrechung mit einer Frage:

„Weil wir mit dem Zeitplan schon recht weit fortgeschritten sind, lassen Sie mich eine letzte Frage an Sie richten – mit der Bitte um eine kurze Antwort: …“ oder:

„Wie würden Sie denn abschließend Ihre Botschaft in 2 oder 3 Sätzen zusammenfassen?“

Oder ihr versucht es mit einer geschlossenen Frageform:

„Verstehe ich Sie richtig, Ihre Botschaft lautet also …“

Dieser Fragetyp hat den Vorteil, dass die Antwort eher kurz ausfallen muss und der Vortragende dann zügig abmoderiert werden kann.

Mein Fazit

Auf Redezeitüberschreitungen nicht zu reagieren, ist in der Moderation leider keine Option. Mit einer guten Vorbereitung und ein wenig Fingerspitzengefühl kommt ihr aber erst gar nicht dorthin. 

Ich wünsche euch kraftvolle Moderationen mit viel Souveränität auch in heiklen Situationen. Wenn ihr konkrete Fragen oder Wünsche habt, schreibt mir bitte. Gerne berücksichtige ich euer Feedback in den kommenden Beiträgen.

Bettina Kerschbaumer-Schramek ist Moderatorin, Moderationstrainerin und Auftrittscoach. Sie ist Partnerin von MODERATIO und begleitet seit 15 Jahren Kongresse, Podiumsdiskussionen, BarCamps & Co. Live und online. Und Menschen, die selbst moderieren wollen.


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