Maximal 2 Punkte je Thema

Ein Facilitator-Grundsatz lautet: Abstimmen ist eine Notlösung. Moderator*innen sind Anwälte des Dialogs und des Konsens, Begegnung ist Trumpf. Nur, wenn eine Entscheidung von so vielen Menschen getroffen werden soll oder muss, dass diese nicht direkt miteinander diskutieren und um einen Konsens ringen können, ist Abstimmung das Mittel der Wahl. In allen anderen Fällen ist Abstimmung eine Notlösung.

Im Rahmen einer Großgruppenmoderation mit (deutlich) mehr als zwanzig Menschen, ist es nicht möglich, dass jeder mit jedem Argumente austauscht. Und nicht in jedem Workshop, in dem dies zahlenmäßig möglich ist, gelingt es für jede zu treffende Entscheidung Konsens zu erreichen.

Wenn es erforderlich ist eine Abstimmung durchzuführen, kann eine „harte Abstimmung“ vorgenommen werden, das bedeutet, dass die einfache Mehrheit entscheidet. Oder es wird eine „weiche Abstimmung“ durchgeführt. Dafür stehen diverse Moderationsmethoden zur Verfügung, von Delegation über Paarvergleich bis Kooperativer Konsens und Soziokratie /Konsent (vgl. etwa Selbstorganisation und Entscheidung).

Punkten

Die klassische Entscheidungmethode der Businessmoderation ist das sogenannte Punkten. Unterschieden werden dabei die Einpunkt-Abfrage und die Mehrpunkt-Abfrage.

Einpunkt-Abfrage
Bei der Einpunktabfrage beantwortet jeder Teilnehmende eine Frage durch kleben eines Punktes, der klassische Anwendungsfall ist das „Blitzlicht“. Dieses wird in aller Regel am Anfang und am Ende einer Veranstaltung angeboten. Da es hier meist um die Mitteilung von Gefühlen geht, gibt es kein entweder oder. Wenn der|die Einzelne seinen Punkt auf einer Ratingskala, wie etwa: „Ich habe mich auf dieses Treffen gefreut: sehr – etwas – kaum“ oder „Ich fühle mich zum heutigen Thema informiert: perfekt – so lala – schlecht“ klebt, trifft er|sie damit keine Entscheidung, sondern informiert alle anderen über den eigenen, aktuellen Stand.

Mehrpunkt-Abfrage
Der Klassiker der Anwendung der Mehrpunktabfrage ist der Schritt 3 des Moderationszyklus. Hier wird die Bearbeitungsreihenfolge der zu bearbeitenden Themen festgelegt. Das geht leicht und schnell, wenn jede|r einen Punkt auf die Themen-Liste klebt. Die Teilnehmenden werden gebeten, die gewünschte Bearbeitungsreihenfolge dadurch festzulegen, dass jede|r durch Kleben von Punkten die Themen kennzeichnet, die er|sie vorrangig bearbeiten möchte. Jede|r bekommt zu diesem Zweck halb so viele Punkte, wie Themen zur Wahl stehen und wählt dann mehr als nur ein Thema. Eine „Totalablehnung“, wie es bei einer einfachen Mehrheitswahl der Fall wäre, gibt es nicht. Jede|r findet sich im Abstimmungsergebnis wieder.

Wichtig: Der Effekt der weichen Abstimmung kommt durch die Punktungsregel zustande, die da lautet: Maximal 2 Punkte je Thema.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

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Es werde Licht

Die Welt ist eine Bühne – und die Online-Welt offenbar nochmal viel mehr. Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass ich meinen Schreibtisch mit Kamera, Licht und Ton ausstatten muss, ich hätte es nicht für möglich gehalten. Ist jetzt aber so. Und hat ja auch viel Gutes.

Eines der wichtigsten Learnings meiner letzten Monate ist: Präsenz ist gerade im Online-Setting ein echtes Thema. Ob im virtuellen Meeting oder im Online-Event: Wie du auf andere wirkst, spielt definitiv eine Rolle. Die gute Nachricht: Du hast es großteils selbst in der Hand.

Sprache, Körpersprache und auch Stimme sind dabei wichtige Player – das ist klar. Im Online-Setting kommt noch ein ganz entscheidender Faktor dazu: die Inszenierung Deines Videobildes.

Da ich in den letzten Monaten ganz oft vor die Web-Kamera musste, habe ich mich mit diesem Thema mal intensiv auseinandergesetzt. Hier, was ich dabei gelernt habe: 

Goldrichtig: das Tageslicht

Gutes Licht schmeichelt jedem Gesicht und macht Dich gut „sichtbar“. Das ist kein großes Geheimnis. Aber was ist „gutes Licht“ und wie kriegt man das im (Home)-Office hin? Einfacher als gedacht: denn das beste Licht ist das Tageslicht. Also halte Ausschau nach deinen natürlichen Lichtquellen. Wo hast du in deiner Umgebung ein Fenster oder vielleicht eine Glaswand, die viel Licht hereinlässt? Achte darauf, ob du dich so setzen kannst, dass das Tageslicht von vorne auf dein Gesicht trifft.

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Hier ein Screenshot mit dem Gesicht zum Tageslicht

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Das selbe Setting, das Gesicht nur ganz leicht aus dem Licht herausgedreht.

Mehr Licht? Bitte sehr!

Als Ergänzung oder Alternative bieten sich softe Schreibtischlampen oder Ringlichter an. Ringlichter haben den großen Vorteil, dass sie das Gesicht direkt und voll ausleuchten und dabei nicht blenden.

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Hier das selbe Setting wie auf dem Bild zuvor – mit Ringlicht ausgeleuchtet

Wenn du eine externe Webcam hast, kannst du die sogar in die Mitte des Ringlichtes platzieren. Dafür gibt es eigene Halterungen. Sprich mich gerne auf Details an!

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Ringlicht mit Stativ und Halterung für die Webcam. Die Kamera ist in diesem Fall gut auf Augenhöhe ausgerichtet (siehe nächste Headline)

Auge in Auge

Einander auf Augenhöhe begegnen – in der visuellen Online-Kommunikation ist das wortwörtlich zu nehmen. Meiner Meinung nach wird die Ausrichtung der Kamera in dieser Hinsicht völlig unterschätzt. Perfekt ist es, wenn du deine Kamera auf Höhe deiner Augen einstellst, denn dann sprichst du auch „auf Augenhöhe“ mit deinem Publikum. Umgekehrt wirst du „von oben herab“ erlebt, wenn deine Kamera zu weit unten platziert ist. Und das Gegenteil – die „Vogelperspektive“, also wenn du von unten in die Kamera schaust – macht dich kleiner als du bist.

Mein Tipp: Stelle Dein Notebook einfach auf ein paar Bücher oder deine externe Webcam auf ein Stativ. Der Unterschied ist erstaunlich!

Blick in die Kamera

Apropos „Augenhöhe“: Dazu gehört auch der Blickkontakt. Der nämlich wird von deinem Gesprächspartner nur dann auch so empfunden, wenn Du direkt in deine Kamera schaust. Zugegeben: das ist ein bisschen spooky. Denn dazu musst Du in das schwarze Loch deiner Webcam sprechen. Mein Tipp: mach es Dir zur Gewohnheit, zumindest alle paar Minuten Dein Publikum ganz direkt und offen anzuschauen – also direkt mit deiner Kamera zu sprechen. Es hat eine massive Auswirkung darauf, wie Du ankommst.

Der richtige Rahmen

Zu guter Letzt noch eine persönliche Erfahrung, die ich mit dir teilen möchte: Ich merke, dass ich Menschen vor einem „turbulenten“ Hintergrund deutlich schwächer wahrnehme, als vor einem ruhigen Hintergrund. Anders gesagt: je mehr der Hintergrund von dir ablenkt, desto schwächer wird deine Wirkung im Vordergrund. Platziere dich daher im Idealfall möglichst nicht vor einem vollen Bücherregal sondern vor einem dezenten, möglichst einfärbigen Hintergrund

Ich wünsche euch kraft- und wirkungsvolle Online-Auftritte. Ich freue mich jetzt schon auf eure konkreten Fragen, Wünsche oder Kommentare. Gerne berücksichtige ich euer Feedback in den kommenden Beiträgen.

Bettina Kerschbaumer-Schramek ist Moderatorin, Moderationstrainerin und Auftrittscoach. Sie ist Partnerin von MODERATIO und begleitet seit 15 Jahren Kongresse, Podiumsdiskussionen, BarCamps & Co. Live und online. Und Menschen, die selbst moderieren wollen.


© 2020 MODERATIO

Es darf gedacht werden!

Pandemie, Skandale, Sorgen, die Welt steht am Abgrund? Man könnte auch sagen: Die Welt steht vor großen Herausforderungen. Wir müssen unser Verhalten auf den Prüfstand stellen, viele Bereiche neu denken. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Art der Führung von Organisationen, die Art der Führung von Menschen. Wir brauchen eine Transformation hin zu mehr Mitwirkung und Mitverantwortung aller. Die Basis dafür ist die glaubwürdige Vermittlung der Botschaft: Sich einzumischen ist erwünscht – es darf (mit)gedacht werden!

Auch, wenn es für die eine oder andere Führungskraft ungewohnt und vielleicht auch unbequem sein mag, wir müssen die Mit-Arbeitenden zu  Mit-Unternehmern machen. Wir müssen mehr Selbstverantwortung wagen, mehr Selbstorganisation zulassen. Neben einem speziellen Mindset, sowohl bei den Mitarbeitenden als auch bei den Führungskräften, bedarf es dafür eines speziellen Instrumentariums, das ein Mitdenken und Mitentscheiden ermöglicht. Für das, was in klein(st)en Organisationen gut möglich ist nämlich, dass alle bei allem mitdenken und mitreden sowie mit entscheiden, muss in mittleren und großen Organisationen ein spezielles Instrumentarium geschaffen werden. Hierfür werden unter dem Label „New Work“, viele Ideen und Ansätze diskutiert.

Ein zentrales Instrument hierfür ist die Delegation. Eine zweite Möglichkeit Führung zu modifizieren beziehungsweise zu ergänzen, sind moderierte Runden, in denen Mitarbeitende zu Mitwirkenden werden, aktuelle Themen diskutieren und Lösungsideen für anstehende Aufgaben entwickeln.

By the way: In diesem Text wird immer wieder nur die männliche Schreibweise verwendet. Dies ist der besseren Lesbarkeit geschuldet. Es sind alle anderen Formen gleichermaßen mitgemeint.

New Work Communities

Definiert man „New Work“ als Bestreben, den Menschen im Arbeitsleben in den Mittelpunkt zu stellen, bedeutet dies, dass Mitarbeitende die Möglichkeit haben müssen sich, mit ihren Sorgen und Nöten, ihren Gedanken und Ideen, ihrer Kreativität und ihren Potentialen, einzubringen. Eine gute Möglichkeit dafür Raum zu schaffen und Raum zu geben, sind moderierte Gruppen. Diese „New Work Communities“ sollten in ein Gesamtkonzept eingebunden sein, das folgenden Elementen und Rahmenbedingungen gerecht wird:

Elemente

  • Die Gruppe / Das Team: Eine New Work Community besteht aus bis zu 10 Personen. Diese treffen sich, während der Arbeitszeit, regelmäßig für bis zu 2 Stunden in einem Meeting- oder Kreativraum. Hier bearbeiten sie arbeitsplatzbezogene Problemstellungen, mit denen sie im Arbeitsalltag konfroniert sind. Die Arbeit der Gruppe wird von zwei Moderatoren geleitet.
  • Moderatorenrunden: Einmal im Monat treffen sich die Moderatoren aus den Communities im Gruppenraum zu einer Moderatorenrunde. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht und Probleme aus der Gruppenarbeitspraxis bearbeitet. Diese Runde wird von den Koordinatoren geleitet.
  • Koordinatoren: Die Gruppenaktivitäten werden von zwei Koordinatoren unterstützt. Diese moderieren die Moderatorenrunden, helfen den Moderatoren bei Schwierigkeiten weiter, organisieren die Trainingsmaßnahmen für Moderatoren und Koordinatoren, die Workshops und die Präsentationen vor den Führungskräften. Sie bereiten gegebenenfalls Situationsberater auf ihre Aufgabe vor und betreiben „Öffentlichkeitsarbeit“.
  • Präsentationen: Zur Einbindung der Führungskräfte in die Gruppenaktivitäten und zur Schaffung eines Mindestmaßes an Transparenz präsentiert die Gruppe Ausschnitte ihrer Arbeit vor den direkten und den übergeordneten Vorgesetzten. Ob, wann und was die Gruppe präsentiert, legt sie eigenverantwortlich fest. Sie kann sich hierzu von den Koordinatoren unterstützen lassen. Eine Gruppe wird in aller Regel zumindest dann präsentieren, wenn sie ein Thema abgeschlossen hat und Ergebnisse vorliegen.
  • Situationsberater: Wenn die Gruppe zu einer Problemlösung Spezialwissen benötig, über das keines der Gruppenmitglieder verfügt, kann die sich die Person als Situationsberater einladen, die die erforderlichen Kenntnisse hat und der Gruppe „Hilfe zu Selbsthilfe“ geben kann.
  • Training: Die Koordinatoren und Moderatoren werden in einem viertägigen Training auf ihre Aufgabe, eine Community zusammenzustellen und zu moderieren, intensiv vorbereitet. Sie lernen dort die Arbeitstechniken für die Gruppenarbeit kennen und machen erste Erfahrungen im Umgang mit Gruppen. Das Entscheidende ist das Erlernen der Moderationsmethoden, mit der die Gruppenaktivitäten geleitet werden.

Rahmenbedingungen

  • Freiwilligkeit: Die Gruppe kann nur durch aktiv-konstruktive Mitarbeit erfolgreich sein. Nur von einem Gruppenmitglied, das sich freiwillig für die Mehrbelastung durch die Gruppenarbeit entschieden hat, kann dies erwartet werden. Selbstorganisation kann hier nicht verordnet werden.
  • Langfristcharakter: New Work Communities sind eine „Dauereinrichtung“. Sie stellen einen Baustein des Personal- und Organisationsentwicklungsprozesses im Unternehmen dar. Die Gruppe löst sich nach Abschluss einer Problembearbeitung nicht auf, sondern wendet sich einer neuen Aufgabe zu.
  • Unabhängigkeit: Die Teams können und sollten von der sonstigen Organisationsstruktur, fach- und bereichsübergreifend zusammengestellt werden.
  • Prinzip der Eigenverantwortlichkeit: Die Gruppe hat keinerlei Vorgaben, womit sie sich zu beschäftigen hat. Die Problemstellung, die die Gruppe bearbeiten will, wählt sie eigenverantwortlich aus den Problemen aus, die den Gruppenmitgliedern bekannt sind und von denen sie glauben, sie einer Lösung zuführen zu können.
  • Kein Erfolgszwang: Von der Gruppe wird erwartet, dass sie arbeitet. Es werden aber (von außen) keine Ergebnisse im Sinne vorzeigbarer Problemlösungen erwartet. Die Gruppe ist dadurch für ihre Motivation selbst verantwortlich.
  • Moderatorenteam: Die Gruppe wird von zwei Moderatoren „geleitet“. Die Moderatoren sind verantwortlich für die Prozesssteuerung, übernehmen aber keine inhaltlichen Aufgaben. Sie sind nicht Vorgesetzte, sondern Helfer der Gruppe. Eine Gruppe wird grundsätzlich von zwei Moderatoren betreut. Dadurch kann die methodische Arbeit leichter bewältigt werden, und die Gruppenprozesse sind zu zweit besser zu steuern.
  • Moderationsmethode: Die Gruppe arbeitet im Kern mit der „MODERATIOnsMETHODE“. Diese gibt der Gruppe eine Struktur für ihre Arbeit vor und stellt Methoden zur Problembearbeitung bereit.
  • Regelmäßigkeit: Die Gruppenarbeit findet zusätzlich zur normalen Arbeit – während der Regelarbeitszeit – statt. Die zeitlichen Möglichkeiten sind deshalb sehr begrenzt. Um eine kontinuierliche Problembearbeitung zu ermöglichen, sollten sich die Gruppenmitglieder mindestens zweiwöchentlich treffen.
  • Erfahrungsaustausch: Einmal pro Jahr findet ein Moderatoren-Workshop statt, in dem es darum geht, die gemachten Erfahrungen intensiv zu besprechen und aufzuarbeiten. 

Fazit 

New Work Communities können in idealer Weise die Delegation an Einzelne und Teams ergänzen, da sie fach- und ressortübergreifend organisiert sind und beliebige Themenstellungen aufgreifen können. Sie fordern und fördern Selbstorganisation. Führung und Selbstführung können so, wie Yin und Yang, ineinander greifen. Sie sind mehr als ein Appell, sie sind regelrecht die Manifestation der Abkehr von einem traditionellen Führungsverständnis und der so wichtigen Botschaft: Bei uns darf gedacht werden!


PS:

Wir beraten Sie gern zur Einführung Ihrer „New Work Communities“, sprechen Sie uns an, unter Telefon: +49 8446 – 9 2030 // Zuständig für diesen Bereich sind Josef W. Seifert und Dr. Gerlinde Bühner.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

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