Die Kernkompetenz schlechthin

Wenn man die Berichte über den Zustand der Natur sieht, dann ist es bereits fünf nach zwölf, um diese und damit die Menschheit noch zu retten. Provokativ gefragt: Was kann Moderation für die Rettung der Welt leisten?

Moderation, von lateinisch „moderatio“, bedeutet dem Wortsinn nach Maßhalten, das rechte Maß aber auch Lenkung. Und das trifft den Kern. Das rechte Maß ist uns Menschen in vielen Lebensbereichen offensichtlich verloren gegangen und dieses gilt es neu zu entwickeln. Im handwerklichen Sinne steht Moderation schlicht für Gesprächsleitung. Wenn man nun bedenkt, dass unzählige Dialoge moderiert werden müssen, wenn die Menschen zum „rechten Maß“ finden sollen, dann ist Moderation die Kernkompetenz schlechthin.

Die Welt ist ja nicht in dieser schlechten Verfassung, weil jemand das so wollte. Sie ist so, weil wir Menschen die Komplexität der Realität nicht erfassen und die Konsequenzen unseres Handelns nicht zuverlässig abschätzen können. Dazu kommt die – durch unbewusstes Minderwertempfinden getriebene – Profit- und Geltungsgier einzelner, das rücksichtslose Verfolgen eigener Interessen.

Was kann Moderation leisten? Dialogfähigkeit erzeugen, Fragen stellen, Zuhören, Zusammenführen. Und das in allen gesellschaftlichen Bereichen. Bleibt zu hoffen, dass mit und durch „moderatio“, Nachhaltigkeit in der Welt noch möglich wird.


Bettina Kerschbaumer-Schramek interviewte Josef W. Seifert im Moderatorenkongress.

Die 10 Gebote der Besprechungsmoderation

Es gibt kaum eine Organisation, in der nicht über zu lange und ineffektive, ja langweilige und frustrierende Besprechungen und Sitzungen geklagt wird. Dabei würde es genügen, einige Regeln für den Leiter, oder besser den Moderator, einzuüben und zu beherzigen.

Gelingt dies nicht im Selbststudium, empfiehlt sich der Besuch eines entsprechenden Trainings; die investierte Zeit kommt in Form effektiverer Veranstaltungen vielfach wieder herein. Die folgenden 10 Gebote zeigen, als Anregung fürs Selbsttraining, worauf es ankommt.

1. Gebot Bereite Dich gut vor!

In der Praxis ist meist nicht die Zeit für eine umfassende Vorbereitung oder, besser (ehrlicher?) gesagt, man nimmt sie sich nicht.


Ein Mensch – dass ich nicht Unmensch sag – meint: ”Alles kann man, wenn man mag.” Vielleicht – doch gibt’s da viele Grade: Auch mögen können ist schon Gnade! 

Eugen Roth



Der Preis dafür ist in der Regel hoch. Die Zusammenkunft dauert länger als geplant und es kommt nichts oder nicht viel (zumindest nichts Konkretes) dabei heraus. Dabei ist eine gute Vorbereitung (mindestens!) „die halbe Miete“ für den Erfolg einer Besprechung. Zu einer guten Vorbereitung gehört zunächst, für sich zu klären, ob man von der zu moderierenden Gruppe überhaupt als Moderator akzeptiert wird! Bestehen diesbezüglich Zweifel, sollte man für Akzeptanz (z.B. durch offizielle „Berufung“) sorgen oder die Aufgabe nicht wahrnehmen.

Hat man sich entschlossen, zu moderieren, ist es ratsam, sich anhand einiger „harter Fragen“ vorzubereiten und zwar:

  • Inhaltlich: Worum genau geht es in der Besprechung? Was genau soll erreicht werden?
  • Methodisch: Wie will / kann ich die Gruppe zum Ziel führen? Was mache ich erst und was dann …?
  • Organisatorisch: Was muss vorbereitet sein?
  • Persönlich: Worauf muss speziell ich besonders achten: auf Neutralität, lautes Sprechen; …?

2. Gebot: Beginne positiv!

Zu einem positiven Einstieg gehört es, etwas „für den Bauch“ zu tun. Das heißt, es ist wichtig, ein positives Klima für die gemeinsame inhaltliche Arbeit zu schaffen. Das geht in aller Regel vor dem offiziellen Beginn leichter als danach. Ziel dieser Phase ist es, die Teilnehmer auch psychisch „da sein“ zu lassen. Wer hat es nicht schon erlebt, dass man (todmüde) ankommt und dann von wohlmeinenden „Geistern“ gleich mit allem Möglichen und Unmöglichen „überschüttet“ wird. Dabei wünscht man selbst (physisch anwesend) sich nichts sehnlicher, als erst einmal (psychisch) „anzukommen“. Das sprichwörtliche Gespräch über’s Wetter kann hier gute Dienste tun. Darüberhinaus ist es wichtig, pünktlich zu beginnen. Ist die Veranstaltung für 9.00 Uhr angesagt, so beginnt diese auch um 9.00 Uhr und nicht um 9.05 Uhr oder 9.12 Uhr. Die Anwesenden waren pünktlich und das muss belohnt werden!

3. Gebot: Lege das Ziel fest!

Nach der Begrüßung geht es darum, die Tagesordnungspunkte abzustimmen und die jeweilige Zielsetzung abzuklären. Oft wird gemäß dem Motto: „Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen, das aber mit ganzer Kraft“ drauflos gearbeitet, ohne zu wissen, worum es konkret geht. Die inhaltliche Arbeit sollte auf keinen Fall beginnen, bevor nicht Konsens über die Zielsetzung der Bearbeitung besteht. Es genügt hierzu nicht, dass (vermeintlich) „ja eh jeder weiß, worum es geht“. Das gemeinsam formulierte Ziel wird zum Thema visualisiert (vgl. 4. Gebot) und ist somit der „rote Faden“ für die Bearbeitung und damit für die Leitung/ Moderation der Veranstaltung.

4. Gebot: Visualisiere für alle sichtbar mit!

Die Visualisierung beginnt schon vor der Veranstaltung, spätestens aber bei deren Beginn, indem der Moderator das zu bearbeitende Thema aufschreibt. Am besten auf ein Flipchart, weil dieses (zu Beginn der Zusammenkunft an die Wand geheftet) sichtbar gehalten werden kann. Danach beginnt ein für alle sichtbares (Mit-)Visualisieren aller wichtigen Inhalte. Der erste Schritt ist – wie erwähnt – die Ergänzung des Themas / der Themen um die jeweilige Zielsetzung. Danach führt der Moderator dies während der gesamten Besprechung fort, indem er alle zur Bearbeitung wichtigen Inhalte sichtbar macht und wenn irgend möglich (durch anpinnen oder ankleben) sichtbar hält!

5. Gebot: Erläutere die Vorgehensweise!

Niemand käme auf die Idee, sein Haus zu bauen, ohne erst einen Plan dafür zu machen. In Besprechungen wird häufig zuerst das Haus gebaut und manch einer wundert sich am Ende, dass (wiedermal) nichts (Konkretes) herausgekommen ist.

Hier ist der Moderator aufgerufen, darauf zu drängen, dass nach Thema und Ziel auch der Weg verabredet wird, der zur Themenbearbeitung beschritten werden soll. Erst dann wird, nach eben dieser Absprache, das Thema bearbeitet. Der Moderator ist ab diesem Zeitpunkt „Anwalt“ der vereinbarten Vorgehensweise und verhilft ihr immer wieder „zu ihrem Recht“!

6. Gebot: Sei neutral!

Der Moderator ist dafür verantwortlich, dass die Gruppe zu einem Ergebnis kommt, nicht aber für dessen Qualität aus seiner Sicht. Er sollte sich zwar in die Inhalte hineindenken können, aber nicht inhaltlicher Experte sein. Ist er dies aber doch und darüber hinaus, wie in der Praxis so häufig, auch noch inhaltlich Betroffener, wird es für ihn schwierig sein, (gut) zu moderieren.

Geht es nicht anders, und er will oder muss die Veranstaltung – obwohl er inhaltlich „Aktien hat“ – leiten, so muss er versuchen, beiden Rollen gerecht zu werden. Er kann dies (wenn überhaupt) z.B. dadurch, dass er in der einen Rolle (Moderator) steht und in der anderen (Teilnehmer-Rolle) sitzt. Äußerst hilfreich kann es in dieser Situation sein, seine inhaltlichen Beiträge in Form von Fragen einzubringen und möglichst wenig direktiv zu wirken (vgl. 7. Gebot).*

7. Gebot: Führe durch Fragen!

Entscheidungen werden von den Betroffenen dann (am ehesten) mitgetragen, wenn diese sich in der Entscheidung wiederfinden. Dies kann nur der Fall sein, wenn sie auch gefragt wurden. Der Moderator kann seine Aufgabe deshalb nur aus einer „fragenden Haltung“, keinesfalls aus einer „Sage-“ oder „Besserwisser-Haltung“ heraus bewältigen. Er leitet die Gruppe (an), ist aber nicht inhaltlicher Entscheider! Nur in der Doppelrolle Moderator und Teilnehmer wird er sich inhaltlich einbringen. Um zu erfahren, was die Gruppe und der Einzelne in der Gruppe will, muss der Moderator aber auf jeden Fall mit (offenen) Fragen arbeiten. Am Ende seiner Sätze werden also nicht Ausrufe-, sondern Fragezeichen stehen. Statt: „Wir müssen aber auch noch den Aspekt …betrachten!“ fragt er: „Kann es sein, dass wir in diesem Zusammenhang auch den Aspekt … betrachten müssen?“

8. Gebot: Bleibe beim Thema!

Ein großes Problem in Besprechungen ist es, dass Themen immer wieder „zerredet“ werden. Hier profitiert der Moderator von seiner sauberen Vorarbeit beim Einstieg. Die gemeinsam formulierte Zielsetzung (vgl. 3. Gebot) gibt ihm immer (wieder) die Möglichkeit nachzufragen, ob das momentan Diskutierte zum Thema bzw. zur Zielsetzung passt, um so mit der Gruppe den „roten Faden“ zu behalten bzw. (immer wieder) wiederzufinden.

9. Gebot: Achte auf konkrete Vereinbarungen!

Der Moderator ist dafür da, dass der Witz: „Was ist eine Besprechung? Nun, es gehen viele hinein und es kommt nichts dabei heraus“ sich nicht bestätigt. Das bedeutet, dass er mit Akribie darauf zu achten hat, dass das angestrebte Ziel erreicht wird und konkrete Maßnahmen nach dem Muster: „Wer macht was bis wann?“ beschlossen werden. Hilfreich ist hierzu ein (vorab) visualisierter „Maßnahmenplan“ mit den entsprechenden Spalten, in die dann die Beschlüsse nur noch eingetragen werden. Der ausgefüllte Maßnahmenplan kann dann für einen „Maßnahmen-Check“ Element der nächsten Sitzung sein.

10. Gebot: Schließe positiv ab!

Die Teilnehmer sollen die Besprechung in positiver Stimmung und mit dem Vorsatz, die beschlossenen Maßnahmen in die Tat umzusetzen, verlassen. Hierzu kann ein ehrlicher Dank an die Gruppe und ein positiver Abschluss verhelfen. Dazu abschließend ein kleines Beispiel: Ich bin mir sicher, dass in den vorliegenden 10 Geboten für den Moderator der eine oder andere Tipp für Sie dabei ist, den Sie nutzen möchten, um Ihre Besprechung und Sitzung (noch) effektiver zu gestalten: Viel Erfolg!

 


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